Full text: [Band 2 = Klasse 8, 3. Schuljahr, [Schülerband]] (Band 2 = Klasse 8, 3. Schuljahr, [Schülerband])

CSD C2sD CSvI CSvl CSsD CSG CSfO CSsD CSG CSnD C3^ CSD CSsD CSvl CSvl CSFG 139 
Weg aber schon beizeiten angetreten habe. So schnell er konnte, 
eilte Bertold nun zu seinen Kameraden, den andern Holzhauern, 
und bat sie um Gottes willen, ihm sein Kind suchen zu Helsen. 
Als die Leute hörten, daß es die Waldlilie sei, die im Schnee 
verloren gegangen, da zögerte keiner, dem armen Vater nach ihr 
suchen zu helfen. Im Herzen aber dachte jeder: lebend finden wir 
sie doch nicht mehr. 
3. Drei Tage saß Lili unter einem Schneedach. 
Die holde Waldlilie aber lag nicht tot unter dem Schnee 
begraben, sondern Gott hatte sie auf wunderbare Weise erhalten. 
Lili hatte auf dem Heimwege bei dem Schneegestöber den Weg 
verloren. Als es ihr unmöglich ward, weiter zu kommen, hatte 
sie sich nach einem geschützten Plätzchen umgesehen, wo sie ein 
wenig ausruhen konnte. Nicht weit von ihrem Wege in einer 
Schlucht war ein Dickicht von jungen Tannen. Die Zweige waren 
so dicht ineinander verwachsen, daß sie ein festes Dach bildeten, 
durch das der Schnee nicht eindringen konnte, und es ganz trocken 
unter ihnen war. Da setzte sich Lili hin, um auszuruhen, ohne 
daran zu denken, daß, wer sich in der Kälte dem Schlafe über¬ 
läßt, nicht mehr aufwacht. Aber Gott nahm sich ihrer an. Eben 
als sie die Augen schließen wollte, kam ein Rudel von Rehen, 
das gewohnt war, hier unter den Tannen Schutz vor Schnee und 
Kälte zu suchen. Die klugen Tiere schnupperten an dem Mädchen 
heruni und blickten es aus ihren großen, braunen Augen mit¬ 
leidig an. Sie fürchteten sich augenscheinlich gar nicht vor dein 
unvermuteten Gast in ihrem Winterheim, sondern legten sich so 
dicht neben dem Mägdlein nieder, daß ihre Körper ihm von ihrer 
Wärme abgaben. Sie nagten an den Rinden der Bäumchen, um 
ihren Hunger zu stillen, eins beleckte das andere, und so verbrachten 
Waldlilic und Rehe die Nacht, ohne Schaden zu leiden. Am andern 
Tag hatte der Schnee den ganzen Wald eingehüllt. Auf dem 
Tnnnendickicht lag der Schnee so hoch, daß nur ein matter Dämmer¬ 
schein hindurchdrang, aber es war warm und trocken unter den
	        
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