Object: Deutsche Geschichte vom Zeitalter der Reformation und Preußische Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen (T. 5)

18 Erster Zeitraum von 1500 bis 1648. 
etwa zwanzig frühere, aber in kläglichem Deutsch — große Verbreitung 
in ganz Deutschland fand, wnrde ihre Sprache die allgemeine 
deutsche Schriftsprache, die alle Deutschen, auch die Katholiken, 
wie ein einigendes geistiges Band umschloß: Luther darf also als der 
Schöpfer der neuhochdeutschen Schriftsprache angesehen werden. 
Luther und die Als aber Professor Karlstadt im Bunde mit den schwärmerischen 
Bilderstürmer ^üicfauer Propheten" in gewaltsamer Weise die Bilder aus den Kir¬ 
chen in Wittenberg entfernte und überhaupt unter Mißachtung aller 
äußeren Formen, selbst der Taufe, zu rücksichtslos gegen die alte Lehre 
vorging, achtete Luther der Gefahr uicht, kam von feiner waldnm- 
raufchten Feste herab und bauute durch die Macht seiner Rede die stür¬ 
mische Bewegung. 
§ 3. Die neue Lehre und die staatlichen Umwälzungsversuche 
in Deutschland (bis 1525). 
Ausbreitung der i Die Wirkung SSonnfet* Ediktes. Fast allerorten im deut- 
neueu Lehre. Vaterlande fand Luther begeisterte Anhänger, die Mehrheit des 
Volkes fiel ihm zu, und trotz des Wormser Ediktes wurde in vielen 
Städten der Gottesdienst in seinem Sinne geordnet. Kriegerische Ver¬ 
wicklungen mit deu Türken und mit Frankreich (s. § 5) und politische 
Zerwürfnisse mit dem Papst hinderten Karl V., der sich bald nach dem 
Schluß des Wormser Reichstages nach Spanien begeben hatte, die reli¬ 
giöse Bewegung in Deutschland zu unterdrücken. Als er endlich die 
Hände frei hatte und sich gegen sie wandte, war sie so erstarkt, daß 
auch er sie nicht mehr zu ersticken vermochte. 
Die Stellung des seiner Abwesenheit leitete das „Reichsregiment", das auf 
Ä Drängen der Fürsten aus dem Wormser Reichstage eingerichtet worden 
zur neuen Lehre. to(H unb ^ ^m Karls Bruder F e r d i u a u d deu Vorfitz hatte, für den 
Kaiser die Regierung in Deutschland. Dieser Reichsrat entschied, daß 
die Prediger bis zur Berufung einer Kirchenversammlung, die über die 
kirchlichen Fragen entscheiden sollte, lediglich nach der Heiligen Schrift 
zu lehren hätten. „Das lautere Evangelium ohne menschlichen Zusatz" 
wurde das Schlagwort, das die Massen begeisterte, wenngleich Luthers 
tiefste Gedanken von der Menge kaum erfaßt werden konnten. Immer 
größer wurde die Zahl seiner Anhänger, vermehrt durch Klosterinsassen 
beiderlei Geschlechts, die der Lehre von der Wertlosigkeit der Mönchsge- 
Deutsche lübde gern solgten. Damals erschienen die ersten Kirchenlieder 
de^Ätdigt. Luthers in Druck; aus ihnen und der Predigt in deutscher 
Sprache setzte sich der Hauptsache nach der Gottesdienst seiner An¬ 
hänger zusammen. „ 
1522 und 1523. 2. Sickingen und die Neichsritter. Es war uicht anders möglich, 
als daß die gewaltige religiöse Bewegung, die das deutsche Volk er-
	        
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