Full text: Prosaheft Nr. 1 für die Klasse III (Prosaheft Nr. 1, [Schülerband])

Aus Ernst Moritz Arndts Jugendleben. 
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Arndts Vorfahren stammten aus Schweden und waren in Rügen 
ansässig, ein Geschlecht, ausgezeichnet durch Riesenkraft und Lebhaftig¬ 
keit, so daß in der Umgegend wohl von dem „starken, heißen Arndts¬ 
blut" die Rede ging. Alle waren wacker und edel von Gesinnung. 
Einer von des Vaters zahlreichen Brüdern, welcher Soldat des alten 
Fritz gewesen war, erzählte mit Wohlgefallen folgende Geschichte. Im 
bayrischen Erbfolgekriege hatte der König, die Vorposten durchreitend, 
von den österreichischen Plänklern, der Kundschaftung wegen, irgendeinen 
Gefangenen gewünscht, aber man hatte keinen österreichischen Husaren 
ans flinkem Pferde erjagen können. Da ließ der preußische Oberst, der 
die Vorposten befehligte, eine Büchse holen und rief den Dragoner Arndt 
heraus, eineu ihn: als wohlzielenden Jäger bekannten Schützen. Dieser 
sprang vom Pferde, lud die Büchse, sah den König an und sprach: 
„Aber um: das Pferd, Ew. Majestät!" und mit den Worten stürzte ein 
Husarenschimmel. Der Arndt schwingt sich geschwind aus sein Roß, holt 
den laufenden Husaren ein und bringt üju zum König. Der drückt ihm 
zwei Goldfritzen in die Hand mit den Worten: „Bravo, mein Sohn! 
nicht unnütz einen Menschen erschießen". 
1769 war Ernst Moritz in Schoritz auf der Insel Rügen geboren. 
Sein Vater war Landmann und hatte seit 1775 oder 1776 m der Nähe 
zu Dumsewitz ein bescheidenes Besitztum, ein kleines Hans auf einem 
häßlichen Hofe, doch hübsche Wiesen umher und Teiche, Obstgärten und 
Felder mit Hügeln, Büschen und Hünengräbern. Von seinem Jugend¬ 
leben und mannigfachen Eindrücken der Heimat erzählt uns Arndt selber. 
2. 
Der rüstige, damals noch in der Fülle der Kraft blühende Vater 
mutete uns mit Recht die Übungen und Arbeiten zu, welche er selbst 
hatte durchgehen müssen; er sah es überhaupt gern, wenn wir aus 
eigenem Triebe oder im wackeren Wettkampf uns strenge und harte 
Proben auflegten, die er eben nicht befohlen hatte. In der Erntezeit, 
wo viele Hände, und diese oft recht geschivind, gebraucht werden mußten, 
wurden auch die Jungen oft einige Stunde:: vor der Sonne aus den: 
Bette getrieben und mußten, oft lange vor der Schulstunde, Ochsen und 
Rosse herbeitreiben oder herbeireiten, oft auch den ganzen Tag in diesen 
oder ähnlichen jugendlichen und hirtlichen Geschäften ausharren. Waren 
Füllen zuzureiten oder Pferde durch die Teiche zu schwennnen, so wurde 
Bruder Karl, der nun wieder bei uns war und den Kaufmann, wofür 
er bestimmt schien, gegen den Landmann vertauscht hatte, und ich 
darauf gesetzt; oft wenn es ins Wasser ging, beide ganz nackt, der Vater 
mit der knallenden Peitsche hinter uns. Noch erinnert's mich, daß ich, 
als ich einmal ein unbändiges Tier splitterfasernackt durch einen Teich 
ritt, von diesen: beim Herabspringen in Nesseln und Dornen abgeworfen 
ward, daß mir das Fell brannte. Zu solchen Abenteuern durfte uicht 
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