Full text: Prosaheft Nr. 1 für die Klasse III (Prosaheft Nr. 1, [Schülerband])

Theodor Körner als Lützower. 
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11. Fheodor Körner als Lützower. 
1. Theodor an seinen Vater. 
Wien den 10. März 1813. Liebster Vater! Ich schreibe Dir 
diesmal irr einer Angelegenheit, die, wie ich das feste Vertrauen zu 
Dir habe. Dich weder befremden noch erschrecken wird. Neulich gab 
ich Dir einen Wink über mein Vorhaben, das jetzt" zur Reife gediehen 
ist. Deutschland steht auf; der preußische Adler erweckt irr allen treuen 
Herzen durch seine kühnen Flügelschläge die große Hoffnung einer- 
deutschen, wenigstens norddeutschen Freiheit. Meine Kunst seufzt nach 
ihrem Vaterlande, laß mich ihr würdiger Jünger fein! Ja, liebster 
Vater, ich will Soldat werden, will das hier gewonnene glückliche Leben 
mit Freuden hinwerfen, um, sei's auch mit meinem Blute, mir ein 
Vaterland 51t erkämpfen. Nenn's nicht Übermut, Leichtsinn, Wildheit! 
Vor zwei Jahren hätte ich es so nennen lassen; jetzt, da ich weiß, 
welche Seligkeit in diesem Leben reifen kann, jetzt, da alle Sterne des 
Glückes in schönem Bunde aus mich niederleuchten, jetzt ist es bei Gott 
ein würdiges Gefühl, das mich treibt; jetzt ist es die mächtige Über- 
zeugung, daß kein Opfer 51t groß sei für das höchste menschliche Gut, 
für seines Volkes Freiheit. Vielleicht sagt Dein bestochenes väterliches 
Herz: Theodor ist zu größeren Zwecken da; er hätte auf einem anderer 
Felde Wichtigeres und Bedeutenderes leisten können; er ist der Menschheit 
noch du größeres Pfund zu berechnen schuldig. Aber, Vater, meine 
Meinung ist die: zum Opfertode für die Freiheit und für die Ehre 
seiner Nation ist keiner zu gut, wohl aber sind viele zu schlecht dazu! 
Hat mir Gott wirklich etwas mehr als gewöhnlichen Geist eingehaucht, 
der unter Deiner Pflege denken lernte: wo ist der Augenblick, wo ich 
ihn mehr geltend machen kann? Eine große Zeit will große Herzen, 
und ich fühle die Kraft in mir, eine Klippe sein zu können in dieser 
Völkerbrandung — ich muß hinaus und dem Wogenstnrme die mutige Brust 
eutgegendrückeu. Soll ich in seiger Begeisterung meinen siegenden 
Brüdern meinen Jubel nachleiern? Soll ich Komödien schreiben auf 
dem Spotttheater, wenn ich den Mut und die Kraft mir zutraue, auf 
dem Theater des Erlöstes mitzusprechen? Ich weiß, Du wirst manche 
Unruhe erleiden müssen; die Mutter wird weinen! Gott tröste sie, ich 
kanu's Euch nicht ersparen. Des Glückes Schoßkind rühmt' ich mich 
bis jetzt, es wird nüch nicht verlassen. Daß ich mein Leben wage, das 
gilt nicht viel; daß aber dies Blütenleben mit allen Kränzen der Liebe, 
der Freundschaft, der Freude geschmückt ist, und daß ich es wage, daß 
ich die süße Empfindung hinwerfe, die mir in der Überzeugung lebte. 
Euch keine Unruhe, ieine Angst zu bereiten, das ist ein Opfer, dem 
nur ein solcher Preis entgegengestellt werden darf. Sonnabend oder 
Montag reise ich von hier ab, wahrscheinlich in freundlicher Gesellschaft; 
vielleicht schickt mich auch Humboldt als Kurier. In Breslau, als dein
	        
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