V. v. Scheffel, Die Hunneiischlacht am Hohentwiel.
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des Löwen im Gebirge. Mit erlesenen Beispielen ruhmreicher Kämpfe
feuerte er seine Zuhörer an, und mcnrche Faust preßte deu Speer und
mancher Fich hob sich uugedttldig zum Abzug, wie er voit Josuas Heer¬
zuge sprach, der unter des Herrn Schirm einunddreißig Könige schlug,
in der Landmark jenseits des Jordan, — und von Gideon, der beim
Schall der Posaunen ins Lager der Midianiter brach und sie jagte bis
Bethseda mid Thebbath, — und vom Ausfall der Männer von Bethulia,
die nach Judiths ruhmreicher That die Assyrer schlugen mit der Schärfe
des Schwertes.
Zum Schluß aber ries er, was Judas der Makkabäer zu seinem
Volke gerufen, da sie bei Emmaus ihr Lager schlugen wider des Antio¬
chus Heer: „Umgürtet euch drunt und seid tapfre Männer und seid
bereit gegen den Morgen früh wider die Völker 31t streiten, die heran¬
ziehen, unser Heiligtum auszutilgen, denn es ist uns besser, im Streit
umzukommen, als das Elend zu sehen an unserm Heiligtum — Amen!"
Eines Augenblickes Länge blieb es still, wie er geendet; dann hob
sich ein Klirren und Klingen, sie schlugen Schwert und Schild aneinand,
hoben die Speere hoch und schwenkten die Feldzeichen — alte Sitte
freudiger Zustimmung. Amen! scholl es tönend durch die Reihen, dann
neigten sie die Kniee, das Hochamt ging zu Ende; schauerlich klangen
die hölzernen Klappern statt des üblichen Glockentones zur Feier. Wer
sich noch nicht in österlicher Andacht mit den: Leib des Herrn gestärkt,
trat vor zum Altar, ihn zu empfangen. Da ries es vom Turm: „Waffen!
Waffen! Feindio! — Vom See kommt's schwarz herangezogen, Roß und
Reiter, Feindio!" — Jetzt war kein Halt mehr und keine Ruhe, sie
stürmten nach dem Thor, wie von: Geist getrieben; kaum mochte Abt
Wazmann den Segen erteilen.
Schlachtfroh rückten sie ans dem Hofe, in jedem Herzen jene Mark
und Fibern schwellende Spannung, daß es einem großen Augenblick
entgegengehe. Und waren der Mönche von St. Gallen vierundsechzig,
derer von Reichenau neunzig und an Heerbannleuten mehr denn fünf¬
hundert. Beim Feldzeichen der sankt-gallischen Brüder schritt Ekkehard;
es war ein florverhüllt Kruzifix mit schwarzen Wimpeln, da des Klosters
Banner zurückgeblieben. Auf dem Söller der Burg stand die Herzogin
nnd ließ ein weißes Tuch in die Lüfte wehen.
In der weiten Ebene, die sich nach dem See hinstreckt, ordnete
Simon Bardo die Scharen seiner Streiter. Hei! wie wohlig war es
dem alten Feldhauptmann, daß statt der Kutte wieder der gewohnte
Panzer sich um die narbenbedeckte Brust schmiegte. In fremdartig ge¬
formter, spitz zugehender Stahlkappe kam er geritten, sein breiter, edel-
steingeschmückter Gürtel und der güldene Knauf des Schwertes zeigte::
den ehemaligen Heerführer.