Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

36. 
14. Altdeutsche Kampfspiele. 
„Wenn mir's der Fürst gestattet und die Häupter des Volks, so 
will ich versuchen, was ich ehedem gelernt." Der Fürst winkte, 
einer aus dem Gefolge sprang nach dem Hofe und trug eine 
Waffe aus Eichenholz herzu, vom Griffe nach rückwärts gekrümmt, 
vorn mit scharfer Schneide. Die Keule ging von Hand zu Hand, 
lachend wogen die Männer das leichte Werkzeug. „Eine Waffe 
dieser ähnlich trägt unser Sauhirt. um Wölfe zu schlagen", rief 
Theodulf verächtlich, aber Jsanbart, der Greis, entgegnete 
strafend: „Du sprichst thöricht, ich sah von solchem Holze, nicht 
so schwer als dieses, einen Schädel brechen wie einen Thonkrug." 
Und er legte die Keule dem Wirte in die Hand. 
„Wer jemals in den Ostmarken über eine Walstatt geritten 
ist," sprach der Fürst, „der kennt die Wunden, welche dieser 
Knorren schlägt. Doch von alten Kriegern habe ich gehört, daß 
ein Geheimnis in dem Holze liegt, und daß man schwer des 
Wurfes mächtig wird; denn tückisch soll es dem Unvorsichtigen 
das eigne Haupt treffen. Nicht unwert ist dieses Holz der Hand 
des Edlen; denn es war vor Zeiten eines Königs Waffe, und 
mein Vater brachte sie aus der Fremde heim." 
„Dann soll sie ihre Kunst dem Sohne erweisen", rief Ingo 
freudig und faßte darnach. Mit kurzem Armschwung warf er 
die Keule, sie flog in krausem Bogen durch die Luft; doch als 
alle meinten, daß sie zu Boden schlagen würde, fuhr sie, wie 
durch eine Schnur gezogen, wieder nach dem Manne zurück; er 
packte sie in der Luft am Griffe und warf sie wieder hierhin und 
dahin, immer schneller, und immer kehrte sie gehorsam vom 
Schwünge in seine Hand. So mühelos und lustig schien das 
Spiel mit dem Eichenkloben, daß die Zuschauer näher traten, 
und lautes Gelächter durch den Kreis ging. 
„Das ist ein Gaukelspiel des fahrenden Mannes", rief Theo¬ 
dulf verachtend. ^ 
„Es ist eines Mannes Handwehr", versetzte der Fremde 
entgegen; „schwerlich ist dein Schädel fester als diese Eisenkappe." 
Er sprach zu Wolf, und dieser legte in Weite eines Speerwurfs 
einen alten Eisenhelm auf einen Pfahl. Der Fremde maß das 
Ziel, wog die Waffe in schwingender Hand, warf sie im Bogen 
nach dem Helme und sprang in gewaltigem Satze nach. Laut 
krachte das berstende Metall, und doch fuhr die Keule wieder 
zurück, und wieder packte sie Ingo mit starker Hand und hielt sie 
hoch. Ein Ruf des Erstaunens erscholl in dem .Ringe, ein Haufe 
sammelte sich neugierig um den zerschlagenen Helm. 
„Wohlan", begann Theodulf herablassend, „hast du uns 
deine Gewohnheit gezeigt, so versuch es auch mit unserem Brauch. 
Führt den Springern die Rosse heran!" 
Zuerst wurden zwei Rosse neben einander gestellt, Kopf an 
Kopf und Schweif an Schweif. Die Springer traten zurück und
	        
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