510
vielen kleinen Landseeen bedeckt, weshalb man sie auch als Seeenplatten
bezeichnet. Sie werden von den Thälern der Stecknitz, der Oder
und der Weichsel quer durchbrochen, während diesseit der Platte die
Netze, die Spree, bie Havel und die Elbe gleichsam in einem gemein¬
samen großen Längenthale strömen und vielfach auch von den nörd¬
lichen Höhen her Zuflüsse erhalten. Dieser Seeengürtel ist eine viel
merkwürdigere Erscheinung, als gewöhnlich angenommen wird. Biele
dieser Seeen sind sehr tief, manche gelten dem Volke als unergründ¬
lich. Viele sind historisch beglaubigte Erdsenkungen, andere verraten
diese Entstehung durch ihre Gestalt und Form, andere enthalten ver¬
sunkene Wälder und Torfmoore, und von vielen weiß die Volkssage
zu erzählen, daß Städte und Dörfer darin versunken sind.
Ein zweiter, teilweise dem vorigen paralleler Höhenzug beginnt
westlich mit der Lüneburger Heide, breitet sich von hier bis zum
Elbthal bei Magdeburg aus, findet jenseit desselben eine Fortsetzung*
in dem Fläming, dann aber weiter östlich, nach einer größeren Unter¬
brechung, in den Hügeln von Sorau und Grüneberg und in den
Trebnitzer Bergen.
Zwischen beiden Höhenzügen breitet sich östlich die Posener Ebene
aus, in der Mitte aber erheben sich die kleinen Hügelgruppen von
Spandau und Müncheberg bei Berlin. Die flachen Höhenzüge oder
Landrücken bestehen an der Oberfläche größtenteils aus diluvialem
Sand, und der verbreitetste Ausdruck für diesen etwas erhöhten Sand¬
boden ist Geest oder Geestland, während der ebene, oft alluviale oder
sumpfige Boden dazwischen je nach Umständen Klei, Marsch, Moor
oder Schlick genannt wird.
Sehr merkwürdig ist südlich von der Seeenplatte der Lauf der
Flüsse. Sie suchen nicht auf dem nächsten Wege von den Gebirgen
aus das Meer zu erreichen, sondern sie folgen vorherrschend der
Richtung von Südost nach Nordwest, und wo sie diese Hauptrichtung
verlassen, um sich nördlich zu wenden, da geschieht es gewöhnlich plötz¬
lich, aber nur auf eine kurze Strecke, um dann wieder in die alte
Richtung zurückzukehren; ja, hinter ihren fast rechtwinkligen Um¬
biegungen findet sich sogar mehrfach ein anderer Fluß ein, welcher f
die alte Richtung fast genau in ihrer linealen Verlängerung fortsetzt.
So findet die Elbe jenseit Magdeburgs ihre Fortsetzung in der Aller,
die Oder jenseit Frankfurts erst in der Spree und dann in der Elbe.