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56. Sein' Farbe war erblichen, er konnte nicht mehr stehn;
Seines Leibes Stärke mußte ganz zergehn,
Ta er des Todes Zeichen-- in lichter Farbe trug.
Er ward hernach beweinet von schönen Frauen genug.
57. Da fiel in die Blumen der Kriemhilde Mann;
Das Blut von seiner Wunde stromweis niederrann.
Da begann er die zu schelten, ihn zwang die große Not,
Die da geraten hatten mit Untreue seinen Tod.
58. Da sprach der Todwunde: „Weh, ihr bösen Zagen!
Was helfen meine Dienste, da ihr mich habt erschlagen?
Ich war euch stets gewogen und sterbe nun daran!
Ihr habt an euern Freunden leider übel gethan."
59. Hin liefen all die Ritter, wo er erschlagen lag;
Das war ihrer vielen ein freudeloser Tag.
Wer irgend Treue kannte, von dem ward er beklagt;
Das hatt' auch wohl um alle verdient der Degen unverzagt.
60. Der König von Burgonden beklagt' auch seinen Tod.
Ta sprach der Todwunde: „Das thut wohl nimmer not,
Daß der um Schaden weinet, durch den man ihn gewann;
Er verdient groß Schelten, er hätt' es bester nicht gethan."
61. Da sprach der grimme Hagen: „Ich weiß nicht, was Euch reut;
Nun hat zumal ein Ende unser sorglich Leid.
Nun mag's nicht manchen geben, der uns darf bestehn;
Wohl mir, daß seiner Herrschaft durch mich ein End' ist geschehn!"
v) Wie K»age» und Aotker Schitdwackt standen.
(Dreizehn Jahre nach Siegfrieds Tod hat Kriemhild dem Hunnenkönige Etzel ihre Hand gereicht, in
der Hoffnung, durch ihn dereinst Rache an Siegfrieds Mördern nehmen zu können. Nach weiteren
dreizehn Jahren läßt sie die Burgundenhelden nach dem Hunnenlande laden, und diese folgen der
Einladung. Zu ihrer Beherbergung hat Etzel einen prachtvollen Saal bauen lassen, in welchem den
müden Helden am ersten Abende ihre Ruhestatt angewiesen wird.)
1. Da brachte man die Gäste in einen weiten Saal,
Zur Nachtruh' eingerichtet den Recken allzumal
Mit köstlichen Betten, lang zumal und breit.
Gern schuf' ihnen Kriemhild das allergrößte Leid.
2. Schmucker Decken sah man von Arras da genug
Aus lichthellem Zeuge und manchen Überzug
Aus arabischer Seide, so gut sie mochten sein.
Verbrämt mit goldnen Borten, die gaben herrlichen Schein.
3. Viel Bettlaken fand man von Hermelin gemacht
Und von schwarzem Zobel, worunter sie die Nacht
Sich Ruhe schaffen sollten bis an den lichten Tag.
Ein König mit dem Volke wohl nimmer herrlicher lag.