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auf Siegfried zu. Da dieser keine Waffen hatte, so ergriff
er einen nahestehenden Baum und riß ihn mitsamt der Wurzel
aus dem Boden. Als der Drache nun im Begriff war auf
das Ufer zu klettern, warf Siegfried den Baum mit seinen
vielen Ästen und Zweigen auf ihn. Der Drache verwickelte
sich mit seinen Füßen und mit seinem schlangenförmigen Leibe
in den Zweigen. Siegfried warf nun schnell noch einige
ausgerissene Bäume und abgebrochene Äste darüber, so daß
das Untier ganz bedeckt ward und sich nicht mehr los machen
konnte. Jetzt zündete er schnell die Bäume an. und der Lind¬
wurm verbrannte in dem Feuer. Da gewahrte Siegfried
ein kleines Büchlein, das aus dem Feuer herausrann. Das
war das ausgebratene Fett des Lindwurmes. Um sich aber
ganz gewiß zu überzeugen, tauchte er seinen Finger hinein.
Da sah er, daß, als das Fett erkaltete, den Finger eine harte,
hornige Haut bedeckte. „Das giebt einen guten Harnisch,"
sprach er bei sich selbst, „ich will mich ganz damit bestreichen."
Gesagt, gethan! Schnell zog er die Kleider aus und bestrich
sich den ganzen Körper mit dem aufgebratenen Drachenfett.
Das ward bald hart, und er bekam eine ganz hornige Haut,
und von nun an war er sicher, daß kein Schwert und kein
Speer feine Haut auch nur ritzen konnte. Nur an einer ganz
kleinen Stelle zwischen den Schultern hatte sich ein Linden¬
blatt, das vom Baume fiel, angehängt. Die Stelle blieb
unbestrichen und die Haut wie gewöhnlich. Erst hatte Sieg¬
fried das Blatt nicht bemerkt; als er es aber gewahrte,
dünkte die Stelle ihn so unbedeutend, daß er sich nicht weiter
darum kümmerte, zumal er sie nicht gut mit den Hünven er¬
reichen konnte, weder mit der rechten noch mit der linken.
Da Siegfried nun ein so seltenes Abenteuer bestanden
hatte, dessen er sich nicht zu schämen brauchte, beschloß er
nach Xanten zurückzukehren. Auf dem Heimwege ritt er an
bet Schmiede vorbei. Der Meister stand wieder an der