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218. Heimweh.
An meinen Bruder.
1837 zuerst gedruckt.
Du weißt's, dort in den Bäumen
schlummert ein Zauberbann,
und nachts oft wie in Träumen
fängt der Garten zu fingen an.
2. Nachts durch die stille Runde
weht's manchmal bis zu mir,
da ruf' ich aus Herzensgründe,
o Bruderherz, nach dir.
3. So fremde find die andern,
mir graut im fremden Land,
wir wollen zusammen wandern,
reich' treulich mir die Hand!
4. Wir wollen zusammen ziehen,
bis daß wir wandermüd'
auf des Vaters Grabe kuien
, bei dem alten Zauberlied.
219. Mondnacht.
1837 zuerst gedruckt.
äs war, als hätt' der Himmel
die Erde füll geküßt,
daß sie im Blütenschimmer
von ihm nun träumen müßt'.
2.„Die Luft ging durch die Felder,
die Ähren wogten sacht,
es rauschten leis die Wälder,
so sternklar war die Nacht.
3. Und meine Seele spannte
weit ihre Flügel aus,
flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.
3. Wilhelm Müller.
Wilhelm Müller wurde am 7. Oktober 1794 zu Dessau geboren, besuchte dort das Gymnasium und
erhielt weitere Bildung durch Reisen nach Frankfurt am Main, Dresden und Weimar. 1812 begann er zu
Berlin Philologie zu studieren, doch wurde sein Studium 1813 durch seine Teilnahme am Befreiungskriege
unterbrochen. Aus dem Feldzüge zurückgekehrt, trat er einer Vereinigung romantischer Dichter zu Berlin bei
und gab hier seine ersten Gedichte heraus, nachdem er schon mit vierzehn Jahren einen Band Gedichte hand¬
schriftlich fertiggestellt hatte. Im August 1817 fand er Gelegenheit, über Wien, Venedig und Florenz nach
Roni zu reisen, von wo er über Florenz, Verona und München im Anfang des Jahres 1819 nach Berlin
zurückkehrte. Die Frucht dieser Reise war sein köstliches Buch über „Rom, Römer und Römerinnen".
Nach kurzer Zeit folgte er einem Rufe als Gymnasiallehrer und Bibliothekar nach Dessau, gewann
durch seine sangbaren, volksliedartigen Gedichte und besonders auch durch die „Lieder der Griechen" (1820 bis
1821), mit denen er den Befreiungskampf dieses Volkes begleitete, bald große Berühmtheit, vermählte sich am
21. Mai 1821 mit Adelheid von Basedow, der Enkelin des großen Erziehers, und suchte von seiner stillen
Heimatstadt aus auf Sommerreisen Anregung für seinen Geist (1826 zu Goethe nach Weimar, 1827 zu Uhland,
Schwab und Kerner nach Schwaben) und Erholung für seine zarte Gesundheit. Ganz unerwartet erlag er in
der Nacht deö 30. Septeinber 1827 zu Dessau einem Schlaganfall.