Object: Neue, speciell preußische Geschichte (Teil 3)

150 Neue Geschichte. 
Des Königs Lieblingsaufenthalt blieb das stille Paretz, wo er 
einst die schöne Zeit mit seiner unvergeßlichen Luise verlebt hatte. An 
einem Punkte, welcher der Verewigten besonders lieb gewesen war, hatte 
er ein Gartenhaus bauen lassen, wo er oft, aber immer ohne Begleitung, 
weilte. Auch teufte er gern feine Schritte durch die düsteren Baumgänge 
nach dem Mausoleum in Charlottenburg, wo die Verstorbene ruhte; er 
selbst bewahrte den Schlüssel zu dem untern Grabgewölbe. Ein teures 
Andenken seines trefflichen Weibes waren dem Könige seine Kinder, 1 in 
deren Mitte er so gern verweilte. Als aber alle verheiratet waren, 
war der König vereinsamt und verlassen. Da beschloß er, nach vier¬ 
zehnjähriger Witwerzeit, durch eine zweite Ehe sein häusliches Glück aufs 
neue zu begründen. In die Rechte einer Königin sollte feine zweite 
Gemahlin nicht treten; er selbst sagte sich: „Eine Luise bekomme ich 
nicht wieder, die Zeiten sind hin, für immer hin." In Teplitz hatte 
Friedrich Wilhelm die Gräfin Auguste von Harrach mehrere Jahre 
gekannt und beobachtet: sie schien ihm am ersten feiner königlichen Hand 
würdig zu fein. Am 9. November 1824 wurde sie ihm in Gegenwart 
des Kronprinzen und mehrerer hoher Hofbeamten „zur linken Hand" 
angetraut, d. h. ohne Übertragung fürstlicher Rechte auf sie und ihre 
Kinder. Sie wurde zur Fürstin von Liegnitz und Gräfin von 
Hohenzollern erhoben und war dem Könige bis in fein Atter eine 
treue Lebensgefährtin, geehrt vom Volke und der ganzen königlichen 
Familie. 
Friedrich Wilhelm konnte bis in fein hohes Alter in ungestörter 
Thätigkeit für das Heil feiner Unterthemen wirken. Seit dem Frühjahr 
1840 aber begann er zu kränkeln, und schon im Monat Mai stellte sich 
Brustkrampf mit einem bedenklichen Husten ein. Als zum Andenken an 
die Thronbesteigung Friedrichs des Großen am 1. Juni der Grundstein 
zu dessen Denkmal gelegt wurde, konnte der König nur noch vom Fenster 
aus der Feier zusehen. Am 7. Juni 1840 starb er, dem Kronprinzen 
die Hand reichend, in Gegenwart seiner sämtlichen Kinder. Seine Leiche 
wurde nach Charlottenburg gebracht, wo der König im Tode mit feiner 
geliebten Luise verbunden ist. Zwei herrliche Denkmäler aus weißem 
Marmor zeigen dem Volke die Züge des heißgeliebten Herrscherpaares. 
Nach des Königs eigenem Willen wurde am Gedächtnistage des Todes 
der Königin Luise (19. Juli 1840) über die Worte gepredigt: „Selig 
ist der Mann, der die Anfechtung erduldet, denn nachdem er bewähret 
ist, wird er die Krone des Lebens empfahen, welche Gott verheißen hat 
denen, die ihn lieb haben." Schon 1827 hatte der König zwei Urkunden 
niedergeschrieben, die eine „Mein letzter Wille" trägt den Gedenkspruch: 
„Meine Zeit in Unruhe, meine Hoffnung in Gott," die andere sollte 
1 Vier Söhne lebten dem König und drei Töchter: der Kronprinz Friedrich 
Wilhelm, unser Kaiser Wilhelm I., Prinz Karl (der Vater von Prinz Friedrich 
Karl), Prinz Albrecht (Vater von Prinz Albrecht). Prinzessin Charlotte war 
mit dem Kaiser Nikolaus von Rußland, Alexandrine mit dem Erbgroßherzog 
von Mecklenburg und Luise mit dem Prinzen Friedrich der Niederlande vermählt.
	        
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