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3. Der Dialog und der Monolog.
Beide, der Dialog und der Monolog, kommen zwar in jedem
dramatischen Gedichte vor, aber nicht allein hier; sie können auch
selbstständig erscheinen, und dann bald der lyrischen, bald der
didaktischen, bald der epischen Poesie angehören, je nachdem der
Dichter Gefühle, oder Wahrheiten, oder Begebenheiten dadurch
vorträgt. Aber nicht jedes Selbstgespräch (Monolog) und nicht
jede Unterredung zwischen mehreren Personen (Dialog) ist Poesie;
auch die alltäglichsten Dinge können darin vorgetragen werden,
und dann gehören beide der Prosa an. Hier ist nur von den
Monologen und Dialogen die Rede, welche über das Alltägliche
erhabene Wahrheiten, edle Gefühle oder allgemein ansprechende
Thatsachen in einem poetischen Gewände vortragen.
Der Monolog kann nur da stattfinden, wo das Herz von star¬
ken Gefühlen ergriffen ist, und ein innerer Conflikt seinen vollen
Ausdruck sucht. Nur dann fühlt sich der Mensch getrieben, durch
Worte, auch wenn er allein ist, seinen Empfindungen Luft Zu
machen. Der Monolog zeichnet dann die innere Tiefe des Cha¬
rakters, in welchem der Schwerpunkt der Selbstbestimmung liegt.
Die gelungensten Monologe finden wir allerdings in dramatischen
Gedichten; aber sie kommen auch sonst vor.
Monolog ans dem Schauspiel Wilhelm Teil
(von v. Schiller, Hofratb in Weimar, gest. 1605).
Teil (tritt auf mit der Armbrust).
Durch diese hohle Gasse muß er*) kommen;
Es führt kein andrer Weg nach Küßnacht — Hier
Vollend' ich's — Die Gelegenheit ist günstig.
Dort der Hollunderstrauch verbirgt mich ihm;
Von dort herab kann ihn mein Pfeil erlangen;
Des Weges Enge wehret den Verfolgern.
Mach' deine Rechnung mit deni Himmel, Vogt!
Fort mußt bu; deine Uhr ist abgelaufen.
Ich lebte still und harmlos — Das Geschoß
War auf des Waldes Thiere nur gerichtet;
Meine Gedanken waren rein von Mord —
*) Der Landvogt Gehler.