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es, von allen Ähnlichkeiten abgesehen, nicht schwer halten, in aber¬
hundert Einzelfällen solche Mischung der beiden Rassen nachzuweisen. Es
ist wahr, die Deutschen brachten den Stolz des Siegers mit, ein Rasse¬
gefühl, das, auf geraume Zeit hin, eine Schranke gezogen haben mag;
wir halten uns aber nichtsdestoweniger überzeugt, daß, noch ehe die
Hohenzollern ins Land kamen, jedenfalls aber noch vor Mitte des
t5. Jahrhunderts diese Unterschiede so gut wie verwischt waren. Sie
mögen an einzelnen Orten länger bestanden haben, es mag Ortschaften
geben, wo sich bis diesen Tag eine Abschließung findet, die aus jene
alte Wendenabneigung zurückzuführen ist, im großen und ganzen aber
liegt die Verschmelzung weit zurück. Wir wollen dabei andererseits
gern zugeben, daß, wenn innerhalb der seitdem verflossenen Jahrhunderte
die Generationen in den Dörfern, säend und erntend, in einem ewigen
Wechsel und doch zugleich in einem ewigen Gleichmaß des Friedens
auseinander gefolgt wären, diese Empfindungen und Äußerungen des
Rassendünkels vielleicht fortgedauert hätten. Aber „die Rot gibt wunder¬
liche Schlafgesellen", und die Bewahrung alter Vorurteile wurde durch
die Verhältnisse, durch Brand und Krieg, durch die Gemeinschaftlichkeit
des Unglücks unmöglich gemacht. Das Aufeinander-angewiesen-sein riß
jene Schranke nieder, die die Fülle selbstbewußten Glücks aufgerichtet
hatte. Mehrfach ging der schwarze Tod durch das Land und entvölkerte
die Dörfer; was der schwarze Tod nicht tat, das taten, in nie rasten¬
den Kriegen, die Pommern und Polen, und was die Pommern und
Polen nicht taten, das taten die Hussiten. Im Barnim befinden sich
vielleicht zwanzig oder dreißig Feldmarken, die Namen wie Wüste-
Sieversdorf, Wüste-Gielsdorf, Wüste-Büsow usw. führen, Benennungen
aus jener Epoche immer neuer Verödungen her. Die wüst gewordenen
Dörfer, namentlich solche, wo einzelne bewohnte Häuser und Hütten
stehen geblieben waren, wieder neu zu besetzen, war die Aufgabe der
Landesoerwaltung, die in Brandenburg von jeher den friderizianischen
Satz verfolgte: „Menschen; vor allem Menschen". Man freute sich
jeden Zuzugs, ohne nach der Rassenabstammung zu fragen.
Das deutsche Dorf, in dem vielleicht ein Fritze, ein Hansen, ein
Dietrichs wohnte, war froh, einen Kroll, einen Roack, einen Posedin
die wüst gewordenen Stätten einnehmen zu sehen, und ebenso die wen¬
dischen Dörfer empfingen den deutschen Zuzug mit Freude. Die Namens¬
verzeichnisse im Landbuch von 1375, wie die Urkunden überhaupt, lassen
keinen Zweifel darüber.