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istainner: Friedrich Barbarossa; Das Reichsfest zu Mainz.
den Frieden. Furchtbar und streng zeigte er sich gegen Widerstrebende,
versöhnlich gegen Reuige, herablassend gegen die Seinen; doch verlor er
nieder in der Freude noch im Schmerze jemals Würde und Haltung.
Selten trog ihn sein Urteil, fast nie sein Gedächtnis. Gern hörte er
Rat; die Entscheidung aber kam stets von ihm selbst. Andacht an
heiliger Stätte und Ehrfurcht gegen Geistliche waren Eigenschaften des
Zeitalters und nicht minder die seinigen. Rücksichtslos die Gesetze zu
vollziehen, hielt er für die erste Pflicht der Fürsten, ihnen unbedingt zu
gehorchen, für die erste des Unterthans. Überall stärkte er seinen Willen
und seine Kraft dadurch, daß er nur das unternahm, was nach seiner
Überzeugung dem Rechte und dem Gesetze gemäß war, und daß er auf
große Vorbilder früherer Zeiten mit jener Begeisterung hinblickte, die
selbst ein Zeichen ver Tüchtigkeit ist. Insbesondere hat er Karl den
Großen zum Muster genommen; er sagte, ihm nachstrebend müsse man
das Recht der Kirche, das Wohl des Staates, die Unverletzlichkeit der
Gesetze im ganzen Reiche zu gründen und herzustellen suchen. Aber
selbst in späteren Jahren, wo er dem würdigen, ihm verwandten Geschicht¬
schreiber Otto von Frei singen Nachrichten über seine vielen Thaten
mitteilte, fügte er, von eitler Selbstliebe kleiner Seelen weit entfernt,
fast wehmütig hinzu: „Im Vergleiche mit dem, was jene herrlichen
Männer der Vorzeit leisteten, sind dies vielmehr Schatten als Thaten."
9. Das Reichsfest zu Mainz. (1184.)
Ranmer, Geschichte der Hohenstanfen.
Nach Beseitigung mannigfacher Streitigkeiten war Friede im Reiche,
mit der Kirche und in Italien; ungestört übte Friedrich den Einfluß,
welcher dem Oberhaupte eines so reichgegliederten Kaisertums gebührte;
seine Söhne wuchsen heran und waren mit Lehn und Eigentum bereits
ohne Widerspruch reichlich versorgt, nur die Rittermürde sollte ihnen
noch erteilt werden. Diese Veranlassung und jene glücklichen Umstände
bewogen den Kaiser, nach so vielen Reichsfeldzügen und Reichstagen
nunmehr ein Reichsfest zu geben, wie es Deutschland seit Menschen¬
gedenken nicht gesehen hatte. Seiner Aufforderung gemäß versammelten
sich zu Pfingsten 1184 in Mainz Prälaten und Fürsten, Äbte und
oder Priester, Grafen und Edle. Nicht minder erschienen, höflich eingeladen
angelockt durch den Ruf, Fremde aus Slavien, Zllyrien, Frankreich,
England, Italien, ja selbst aus Spanien; es wurden endlich alle Ge¬
sandte, welche damals am Hofe Friedrichs zusammentrafen, hierher geführt,
um seine Größe und seinen Reichtum zu bewundern. Man zählte an
40 000 Ritter; unzählbar dagegen war das in Scharen herbeiströmende
Volk. Weil die Stadt, wie man vorausgesehen hatte, eine solche Menge
nicht fassen konnte, ward auf einer anmutigen, großen Ebene am schönen
Rheine für den Kaiser schnell ein Lustschloß und daneben eine schöne
Kapelle erbaut; ringsuncher standen zunächst die Wohnungen der Fürsten,
an Größe und Zierde wetteifernd; dann folgten in verschiedenen Farben
und Gestalten, weit verbreitet, die Zelte der Niederen; binnen wenigen
Tagen schien eine Stadt hervorgezaubert, bunter, lebendiger, als man