Full text: [Theil 4 = (Tertia), [Schülerband]] (Theil 4 = (Tertia), [Schülerband])

16 A. Darstellungen aus der Geschichte. I. Aus der Geschichte des Mittelalters. 
je eine gesehen. Nicht minder hatte Friedrich dafür gesorgt, daß den 
Rhein aufwärts und abwärts Lebensmittel in unglaublicher Menge 
zusammengebracht waren; zwei große Gebäude hatte man allein mit 
Hühnern angefüllt. Alle Edlen, ja alles Volk ward auf Kosten des 
freigebigen, gesellig fröhlichen Kaisers bewirtet, und Könige, Herzöge 
und Markgrafen leisteten ihm Dienste als Truchsesse, Kümmerer, Marschälle 
und Mundschenken. Die Hoheit des Kaisers, die Herablassung der Kaiserin, 
die Schönheit der Frauen, die Herrlichkeit der Ritter, die Pracht der 
Kleidungen, der Schmuck der Pferde, die Mannigfaltigkeit der Spiele 
und Gesänge, der Überfluß an Lebensmitteln und Wein, alles vereinte 
sich, von leiblichen Genüssen aufwärts bis zu den geistigsten Anregungen, 
um Lust, Freude und Bewunderung zu erzeugen. Und noch jetzt müssen 
wir diese Bewunderung teilen; denn welch ein Herrscher ließ sich damals 
dem großen Kaiser, welch ein Reich dem deutschen gleichstellen? Mit 
der Macht vereinte sich Tugend und Sitte, und zu den Kriegshelden 
hatten sich Künstler und Dichter gesellt, deren heilige Bauwerke und 
wundervolle Lieder nach Jahrhunderten noch unübertroffen sind und 
einen Reichtum des gesamten Lebens, eine Höhe der Entwickelung für 
jene Zeiten erwiesen, welche man, die Verhältnisse aus einseitigem 
Standpunkte betrachtend, so oft geleugnet, ja unmöglich genannt hat. 
Einen Augenblick lang wurde das Fest in Mainz zwar gestört, als 
ein furchtbarer Sturmwind die Kapelle neben der kaiserlichen Wohnung 
darnieder warf, was einigen überdies für ein böses Anzeichen galt; aber 
die lustige Menge sagte: „Der Teufel will seinen ohnmächtigen Zorn 
auslasten, weil die Empörungen im Reiche ein so gutes Ende genommen 
haben." 
Bedenklicher erschien ein Ereignis ganz anderer Art. Als sich der 
Kaiser am ersten Pfingsttage in der Kirche niedergesetzt hatte und alle 
Fürsten um ihn herum Platz nahmen, trat der Abt von Fulda hervor 
und verlangte nach altem Brauche den Platz zur Linken des Kaisers, 
dessen sich der Erzbischof Philipp von Köln mit Unrecht anmaße. 
Friedrich bat, der Erzbischof möge das Verlangen bewilligen; worauf 
dieser antwortete, er wolle nachgeben, fordere aber die Erlaubnis, mit 
dem Platze auch die Versammlung verlassen zu dürfen. Schon ging er 
hinweg, und seine Lehnsmannen und Freunde, der Herzog von Brabant, 
der Graf von Nassau, der Pfalzgraf am Rhein und viele andere folgten 
ihm nach; schon fürchtete man, daß wie in einem ähnlichen Falle zur 
Zeit Heinrichs IV.*) großes Blutvergießen entstehen werde — denn 
Philipp hatte über 4000 Begleiter mit nach Mainz gebracht — da 
sprang König Heinrich auf, fiel dem Erzbischof um den Hals und bat ihn 
inständig, die Freude des Tages nicht in Trauer zu verwandeln. Auch 
der Kaiser versicherte, er habe keine Kränkung oder Beeinträchtigung 
aussprechen wollen, sondern vorausgesetzt, daß der Abt zu seinem Verlangen 
Grund habe. Erzbischof Philipp aber entgegnete: „Wahrlich, ich hätte 
nicht geglaubt, daß ihr mir in Gegenwart der Fürsten ein so großes 
Unrecht anthun würdet! Seht mein Haupt an, in eurein Dienste ist es 
ergraut! Ich habe Not und Gefahr, Leib und Gut nicht geschont, ja ich 
*) In Goslar.
	        
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