Full text: [Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband])

Ludwig Ahland. 
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ihn Land und Leute der Amgegend kennen lernen; die Bewegung in 
frischer Luft stählte seinen anfangs schwächlichen Körper; wie Klopstock 
und Goethe war auch Ahland ein eifriger Schlittschuhläufer und bis 
ins hohe Alter ein eifriger Schwimmer im Neckar. Fleißig und lern¬ 
begierig saß der Knabe fast stets an der Spitze der Klasse, ob er nun 
die niedere Schule oder die Lateinschule besuchte; besonders leicht fiel 
ihm die Kunst, die damals noch geübt wurde, lateinische Hexameter 
oder auch metrische Äbungen in der Muttersprache anzufertigen. Bereits 
mit 141/2 Jahren wurde er unter die akademischen Bürger Tübingens 
aufgenommen, denn damals gab es noch kein Abiturientenexamen! Die 
Eltern wollten ein Stipendium von 300 Gulden ausnutzen. 
Ludwig mußte auf Wunsch des Vaters, gegen seine Neigung, die 
der klassischen Philologie zugewandt war, die Rechtswissenschaft studieren. 
Obwohl er zeitlebens etwas zurückhaltend und scheu und schweigsam war, 
so hielt er sich als Student doch nicht zu den Duckmäusern, sondern zu 
einem zwanglosen Verbände junger, fröhlicher Leute, unter denen Iustinus 
Kerner ihm der liebste war, der auch als Dichter sich einen Namen 
erworben hat. Ahlands ganze Äerzensneigung gehörte mehr und mehr 
den alten deutschen Dichtungen; im Jahre 1810 hat er eine Reise nach 
Paris unternommen und dort auf der Bibliothek deutsche und fran¬ 
zösische Handschriften, wertvolle Arkunden des Mittelalters fieißig ge¬ 
lesen und abgeschrieben. 
Nach seiner Heimkehr ließ er sich in Stuttgart als Advokat nieder 
und beteiligte sich eifrig an dem staatsbürgerlichen Leben Württembergs, 
wie er auch dem Befreiungskämpfe mit tiefstem Anteil folgte. Doch 
auch seine germanischen Studien ruhten nicht; von 1829 bis 1833 war 
er Professor für deutsche Literatur an der Aniversität Tübingen; 1848 
gehörte er zu den Männern, die in der Frankfurter Nationalversamm¬ 
lung sich über das Wohl des Vaterlandes berieten; er war schmerzlich 
bewegt, als alle Hoffnungen auf eine Einigung Deutschlands scheiterten, 
und widmete sich fortan nur seinen Wissenschaften; insbesondere zogen 
ihn das Volkslied und Walther von der Vogelweide, der große, mittel¬ 
alterliche Sänger, an. 
Außer zahlreichen Gedichten hat Ahland auch zwei Dramen, „Ernst, 
Äerzog von Schwaben" und „Ludwig der Bayer", verfaßt. 
Am 13. November 1862 ist er gestorben, nachdem er beim Be¬ 
gräbnisse Kerners sich eine Erkältung zugezogen hatte. 
Alldeutschland betrauerte in ihm nicht nur einen seiner liebens¬ 
wertesten Dichter, sondern auch einen wackeren Vaterlandsfreund und 
allzeit aufrechten und aufrichtigen Mann.
	        
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