Ludwig Ahland.
205
ihn Land und Leute der Amgegend kennen lernen; die Bewegung in
frischer Luft stählte seinen anfangs schwächlichen Körper; wie Klopstock
und Goethe war auch Ahland ein eifriger Schlittschuhläufer und bis
ins hohe Alter ein eifriger Schwimmer im Neckar. Fleißig und lern¬
begierig saß der Knabe fast stets an der Spitze der Klasse, ob er nun
die niedere Schule oder die Lateinschule besuchte; besonders leicht fiel
ihm die Kunst, die damals noch geübt wurde, lateinische Hexameter
oder auch metrische Äbungen in der Muttersprache anzufertigen. Bereits
mit 141/2 Jahren wurde er unter die akademischen Bürger Tübingens
aufgenommen, denn damals gab es noch kein Abiturientenexamen! Die
Eltern wollten ein Stipendium von 300 Gulden ausnutzen.
Ludwig mußte auf Wunsch des Vaters, gegen seine Neigung, die
der klassischen Philologie zugewandt war, die Rechtswissenschaft studieren.
Obwohl er zeitlebens etwas zurückhaltend und scheu und schweigsam war,
so hielt er sich als Student doch nicht zu den Duckmäusern, sondern zu
einem zwanglosen Verbände junger, fröhlicher Leute, unter denen Iustinus
Kerner ihm der liebste war, der auch als Dichter sich einen Namen
erworben hat. Ahlands ganze Äerzensneigung gehörte mehr und mehr
den alten deutschen Dichtungen; im Jahre 1810 hat er eine Reise nach
Paris unternommen und dort auf der Bibliothek deutsche und fran¬
zösische Handschriften, wertvolle Arkunden des Mittelalters fieißig ge¬
lesen und abgeschrieben.
Nach seiner Heimkehr ließ er sich in Stuttgart als Advokat nieder
und beteiligte sich eifrig an dem staatsbürgerlichen Leben Württembergs,
wie er auch dem Befreiungskämpfe mit tiefstem Anteil folgte. Doch
auch seine germanischen Studien ruhten nicht; von 1829 bis 1833 war
er Professor für deutsche Literatur an der Aniversität Tübingen; 1848
gehörte er zu den Männern, die in der Frankfurter Nationalversamm¬
lung sich über das Wohl des Vaterlandes berieten; er war schmerzlich
bewegt, als alle Hoffnungen auf eine Einigung Deutschlands scheiterten,
und widmete sich fortan nur seinen Wissenschaften; insbesondere zogen
ihn das Volkslied und Walther von der Vogelweide, der große, mittel¬
alterliche Sänger, an.
Außer zahlreichen Gedichten hat Ahland auch zwei Dramen, „Ernst,
Äerzog von Schwaben" und „Ludwig der Bayer", verfaßt.
Am 13. November 1862 ist er gestorben, nachdem er beim Be¬
gräbnisse Kerners sich eine Erkältung zugezogen hatte.
Alldeutschland betrauerte in ihm nicht nur einen seiner liebens¬
wertesten Dichter, sondern auch einen wackeren Vaterlandsfreund und
allzeit aufrechten und aufrichtigen Mann.