Full text: [Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband])

©elimer. Alboin und Rosamunde. 
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Frevel bereite Rechte zurück. Die Männer seiner Gefolgschaft, die 
mit ihm gekämpft und gesiegt hatten, waren um ihn versammelt; indem 
er auf sie hinblickte, blitzte ein Gedanke in ihm auf. „Wollt ihr mir 
folgen", rief er, „auf dem gefährlichen Ritt ins Lager der Gepiden, 
daß ich von ihrem Herrscher Rüstung fordere?" „In Rot und Tod!" 
war die Antwort. 
Sogleich bestieg er sein Schlachtroß und jagte, begleitet von seinen 
Getreuen, nach dem feindlichen Gebiet und ohne Rast bis zur Burg, 
wo König Thurisind mit den Fürsten der Gepiden beim Mahle saß. 
Er trat kühn vor diesen hin und begehrte unter dem Schutze des Gast- 
rechts Rüstung, die dem Melden gezieme; denn er, der Gepidenhäupt- 
ling, meinte er, werde seine Mannhaftigkeit bezeugen. Wohl griffen 
die Krieger umher nach ihren Waffen; allein Thurisind ehrte das Gast¬ 
recht und das Vertrauen des jungen Kriegers, gebot Frieden und hieß 
den Gast an seiner Seite Platz nehmen. Die Becher wurden häusig 
geleert, die Rede wechselte hinüber und herüber und nicht immer freund¬ 
lich. So meinte Künemund, der älteste Sohn des Königs: der sonst 
an seines Vaters Seite gesessen habe, sei ein besserer Mann gewesen, 
als der jetzt diese Stelle einnehme. Alboin beherrschte seinen Anmut; 
er antwortete nur mit einem finstern Blick. Am feindliche Begegnung 
zu vermeiden, befahl jetzt der König, daß die Sänger eintreten und die 
Lust des Festes erhöhen sollten. Alsbald klangen die warfen, und die 
Sänger priesen in Liedern die Taten der Väter, vornehmlich die des 
großen Ardarich, der einst die Macht der Lunnen zertrümmerte. Sie 
ermahnten die Söhne, dem Ruhme der Väter nachzustreben und sich 
nicht schrecken zu lassen, wenn ihnen auch einmal das Glück abhold ge¬ 
wesen sei. „Ja," sagte Künemund, als die Sänger geendigt hatten, 
„das blinde Glück warf Anwürdigen seine Gabe zu; denn mit ihren 
weißbebänderten Knien gleichen sie weißfüßigen Stuten, die man durch 
Schläge zähmen muß." Die Langobarden trugen aber um die Knie 
weiße Binden; daher erkannte Alboin sogleich, wem die Rede gelte. 
Er erhob sich und rief dem Gegner zu: „Geh auf die Walstatt und 
suche die Gebeine deines Bruders; da wirst du erkennen, wie die wei߬ 
füßigen Stuten schlagen!" Kaum war das unbedachte Wort gesprochen, 
so klirrten ringsum die Waffen. Am ihren Melden geschart, waren die 
Langobarden zur äußersten Gegenwehr entschlossen. Da drängte sich der 
greise König, ohne der geschwungenen Schwerter zu achten, zwischen die 
erbitterten Krieger. „Der Gott unserer Väter verhüte es," sagte er, 
„daß in meiner Lalle das Gastrecht verletzt werde! Gebt Raum ihr, 
meine Getreuen, und du, fremder Gast, empfange aus Königshänden
	        
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