Alboin und Rosamunde.
49
Mauern von Pavia hemmten den reißenden Strom, der von den Ge¬
birgen nieder in die Ebene brauste. Dort waren die Söldner ver¬
sammelt, die unter Narses gekämpft und gesiegt hatten, und sie hielten
treue Wacht über dem anvertrauten Gut. Der König wagte vergebens
verzweifelte Stürme. Er stieg selbst aus schwankender Leiter zur Zinne
empor. Da traf ein schwerer Stein seinen Äelm, und er sank bewußt¬
los zu Boden. Als er sich erholte, schwur er, die Stadt mit Brand,
Mord und Plünderung zu vertilgen, und umlagerte sie, um durch
Äunger die Übergabe zu erzwingen. Mittlerweile entsandte er Äeer-
haufen unter tapferen, bewährten Führern nach Tuskien und weiter
nach Süden, um die Eroberung der Äalbinsel zu vollenden.
Die feste Stadt hielt sich drei Jahre lang; doch lag der König
nicht müßig hinter seinen Schanzen, sondern er machte selbst Streifzüge
am Po aufwärts und abwärts und über den Strom und war in allen
Gefechten seinen Streitern voran. Wo seine Streitaxt oder sein Schlacht-
schwert blinkte, da war der Sieg. Nur Peredeus, ein riesenhafter,
unbändiger Recke, tat es ihm gleich. Man sagte, er habe Zwöls-
Männer-Stärke. Er hatte einst in der Tat ganz allein einen feindlichen
Äeerhausen in die Flucht geschlagen und den Anführer gebunden ins
Lager gebracht. Er war aber auch Freunden und Genossen furchtbar;
denn bei Gelagen schlug er mit der Faust jeden zu Boden, der gegen
ihn Widerspruch wagte.
Die Königin Rosamunde folgte dem Gemahl überallhin, wo er
sein Lager aufschlug. Der Reiher der Vergessenheit zog, wie ein nor¬
disches Lied sich ausdrückt, über die in der Äeimat erlebten Schrecknisse
hin. Ihr Zorn, ihre Begierde nach Rache schwanden, wurden verdrängt
von den mannigfaltigen Bildern, welche die Gegenwart vor ihr aus¬
breitete. Sie konnte dem Gemahl, der sie liebte, dessen Ruhm die
Sänger in allen Ländern verkündigten, ihre Bewunderung, bald ihre
Liebe nicht versagen. So umschlang ein Band gegenseitiger herzlicher
Zuneigung beide Ehegatten, das, wie es schien, nur der Tod lösen
konnte. Als nun Äelmigis, der schönste Mann im Äeere und des
Königs Schildträger, in Liebe zu ihr entbrannte und ihr seine Leiden¬
schaft zu gestehen wagte, wollte sie sogleich zu dem Gemahl eilen, da¬
mit er den Frevler bestrafe; jener aber fiel vor ihr nieder und beschwor
sie, sie möge Gnade üben, ihn nicht dem Verderben preisgeben. Da
entließ sie ihn unter schweren Drohungen, wenn er jemals wieder in
verbrecherischer Absicht vor ihr erschiene.
Bluter Kämpfen und Abenteuern verstrich die Zeit, und die belagerte
Stadt mußte endlich, von Äunger und Durst bezwungen, ihre Tore
oesebuch für höhere oehranstallen. Unter-Tertia. 4