Alboin und Rosamunde. Autharis Werbung um Teudelinda. 51
die Geschäfte/ die ihr oblagen. Der Vorfall schien vergeben und ver¬
gessen. Sie aber konnte nicht mehr vergeben und vergessen; sie wußte
jetzt, daß die Zeit der Vergeltung erschienen sei, daß der Schatten ihres
Vaters, der in der schrecklichen Nacht im Traum wieder an ihr Lager
trat, die lange verschobene Rache fordere. Sie entbot den Schildträger
Äelmigis zu sich und verhieß ihm Gewährung seiner Wünsche, nämlich
ihre Äand zur Vermählung und zugleich die lombardische Krone, wenn
er dem Mörder ihres Vaters, dem Manne, der sie zum gräßlichen
Trunk gezwungen habe, das Schwert ins Äerz stoße. Loch erfreut
versprach er, die Tat zu vollbringen. Er warb aber, Alboins furcht¬
baren Arm scheuend, durch Gold und Versprechungen den riesenstarken
Peredeus zum Mordgenossen. Die drei Verschworenen verabredeten
die verbrecherische Tat. Träumend von Schlachten und Siegen ruht
Alboin auf seinem Lager; da weckt ihn ein lauter Ruf um Mitternacht.
Er blickt auf, und vor ihm steht Rosamunde, das ihm bekannte Trink¬
gefäß emporhaltend. „König," sagt sie, „auf dein Geheiß hab' ich beim
Gelage den Becher mit Wein gefüllt und an die Lippen gebracht. Es
ist der Schädel meines Vaters, den du erschlugst. Ich will ihn jetzt
mit deinem Herzblut füllen, du mußt sterben!" Er greift nach seinem
Schwert — es ist an die Scheide festgekettet; die Verschworenen aber
stürzen aus einem Versteck hervor und durchbohren ihn mit Speeren.
Darauf füllte die Königin den Becher mit seinem strömenden Blute,
wie sie gesagt hatte; denn sie glaubte, damit den Schatten des Vaters
zu sühnen. Ehe die Tat ruchbar wurde, brachten die Verschworenen
den königlichen Schatz in Sicherheit; dann erklärte Rosamunde im Ver¬
trauen auf viele gewonnene Krieger, besonders auf die ihr ergebenen
Gepiden, was geschehen war, und schlug zugleich den Helmigis, den sie
als zweiten Gemahl anerkannte, zum Nachfolger Alboins in der Herrscher-
würde vor. In der Versammlung der Edelinge (Edlen) herrschte Zwie¬
tracht; endlich aber erklärte die Mehrzahl, der Mörder des großen Alboin
könne nicht sein Nachfolger werden; er sei dem Gericht verfallen. Unter
Unruhen und Verhandlungen verging mancher Tag, und die Ver¬
schworenen gewannen Zeit zur Flucht.
16. Autharis Werbung um Teudelinda (588 n. Chr.).
Von Ferdinand Bäßler.
Die Langobarden waren zehn Jahre lang ohne König gewesen und
nur von ihren Verzügen regiert worden; danach fanden sie es besser,
einem zu gehorchen als der Willkür vieler, und machten den Authari,
4*