Full text: [Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband])

Die alten Germanen. 
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Mächte betrachtet. Am den Besitz der Salzquellen ward in heißem 
Kampfe oft gerungen, wie die Feldschlacht beweist, die im Sommer 
58 n. Chr. die Katten und Hermunduren an dem Salzsiuß an ihren 
Grenzen schlugen, teilendes Wasser sprudelte an beiden Seiten des 
Rheins; die Quelle zu Spaa im Lande der Tungern stieg blasenreich 
empor, und ihr eisenhaltiges Wasser wurde zur Vertreibung des 
Fiebers gebraucht. Zu Mattiacum aber, das wir Wiesbaden nennen, 
trieb ein Sprudel heilendes Wasser empor, das noch am dritten Tage 
heiß war. 
Abgehärtet, wie die Söhne des Nordens, gingen sie, zum Staunen 
der Römer, die nur bei guter Jahreszeit ihre Gebiete heimsuchten, 
wenig bekleidet, bloß mit Mantel und kurzem Wams bedeckt, einher; 
aber zur Winterzeit schützte Pelzwerk gegen die Kälte. Die Frauen 
verstanden zu spinnen, zu weben, Gewänder und Decken zu verfertigen, 
selbst Betten aus den Federn der Gans zu bereiten. Auch an mancher¬ 
lei Schmuck war kein Mangel, wie Raub und Krieg es ihnen zubrachte. 
Man zierte Finger, Arme, Pals und Ohren mit Ringen und Ketten; 
Zierplatten schmückten die Gewänder, Diademe deckten die Stirne. 
Vieles war aus Erz, bei Reichen aber auch aus Gold. Silber war 
selten, geprägtes Gold nur durch den Verkehr mit dem Süden bekannt; 
zu Zahlungen und als Geld, d. h. als Entgelt oder Ersatz, dienten 
außer den Paustieren meist große, zu Spiralen aufgewickelte Gold¬ 
drähte, von denen man zu dem Zwecke ein entsprechendes Stück abschlug, 
das vermutlich gewogen wurde. Man trug diese Spiralen als Finger¬ 
schmuck, auf Riemen gezogen oder um Lanzenschäfte und dergleichen 
gewickelt. Manches andere lieferte der Pandel, Bernstein die nördliche 
Küste. Was zum Krieg, zur Zagd, zum Ackerbau und zum häuslichen 
Leben erforderlich war, wußte man aus Stein oder Knochen zu fertigen 
oder aus Ton zu formen; man verstand selbst aus Polz Wagen und 
Karren zu bauen. 
So hausten die Waldbauern in ihren Dörfern, oft mit goldenen 
Spangen und Armringen geschmückt; so saßen sie daheim in ihren dung¬ 
bedeckten Wohnungen um den rohen Polztisch versammelt, auf dem viel¬ 
leicht goldene Gefäße prangten. Tierfelle lagen davor aus Polzbänken, 
Stierhörner standen darauf, aus denen die nackten Buben und die halb¬ 
nackten Männer ihre Milch oder ihr Bier schlürften. 
Als König im kleinen waltete hier der freie Germane unter den 
Seinen, und unauflöslich waren die Bande, die alle aneinander knüpften. 
Paus und Familie stand unter seiner Gewalt; er war sogar befugt, 
die Kinder auszusetzen oder zu töten. Die Verlobung bildete einen
	        
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