178
zusammenzubrechen, bei dem ersten Erfolg erwarten, daß sich die
kämpfenden Mächte zermalmend auf ihn stürzten.“
Aus dem wüsten Chaos, das er vorfand, suchte der jugendliche
Fürst sein Volk emporzureißen und, anknüpfend an die wenigen noch
vorhandenen Lebens- und Bildungskeime, mit neuer Lebenskraft zu
erfüllen. Das dringendste Bedürfnis seines Landes war der Friede.
Diesen herbeizuführen und sich zum Herrn in seinen Landen zu machen,
war sein nächstes Streben.
2. Seine Heira
Seitdem die Friedensverhandlungen zu Osnabrück in lebhafteren
Gang kamen, verstümmten allmählich die Gerüchte von der Vermählung
des Kurfürsten mit der schwedischen Königin. Dagegen schien der
Kurfürst jetzt mit größerem Eiser eine engere Verbindung mit der
Republik der Niederlande anzustreben, bei welcher er sowohl einen
Rückhalt in der Kleveschen Frage gegen Pfalz-Neuburg, als auch für
seine gerechten Ansprüche auf ganz Pommern gegen Schweden zu finden
hoffte. Vom Haag kamen ihm sehr günstige Eröffnungen, und so ent—
schloß sich der Kuͤrfürst, sich persönlich nach dem Haag zu begeben,
um die Einleitung der Allianz zu betreiben.
Es war noch ein anderer Grund, der ihn zu dieser Reise be—
wog. Der Kurfürst trug noch aus seiner Jugendzeit das Bild jener
lieblichen, bescheidenen Tochter des Oraniers, der Prinzessin Luise
Henriette, die er in ihrem zarten Kindesalter dort kennen gelernt, in
seinem Herzen. Nun war die Prinzessin zur blühenden Jungfrau
is und man rühmte allerwärts ihre Schönheit, ihren reich ge—
ildeten Geist und die Vorzüge ihres Herzens. Auf sie fiel jetzt die
Wahl des jungen Fürsten.
Nachdem Konrad von Burgsdorf mit der förmlichen Werbung
nach dem Haag vorangegangen, brach Friedrich Wilhelm von Kleve
auf. Am 12. November 1646 hielt der fürstliche Brautwerber mit
einem stattlichen Gefolge, dem sich dreihundert Reiter und fünfhundert
Musketiere in prächtigen, neuen Uniformen anschlossen, unter dem
Zurufen des Volks seinen Einzug in den Haag. Vom Söller des
prinzlichen Palastes am Nordende sah die Prinzefsin auf den vorüber—
wogenden Zug herab und erwiderte anmutig dankend die Gruͤße,
welche ihr ritterlicher Bewerber hinaufsandte.
Am folgenden Morgen (13. Nov.) begab sich der Kurfürst in
Begleitung des jungen Prinzen Wilhelm von Oranien, des Sohnes
von Friedrich Heinrich, nach dem Palaste der Generalstaaten, welche
wegen der Mitgift der Prinzessin bei der Verbindung ebenfaͤlls mit—
zureden hatten. Die persönliche Erscheinung des Fürsten, sein edles
und würdevolles Auftreten, seine freimütige Anrede an die Staaten
machte einen ausgezeichneten Eindruck. Er sprach von den unbilligen
und unchristlichen Postulaten der Krone Schweden, von den Schwierig—
keiten, welche der katholische Pfalzgraf von Neuburg seiner Regierung
in den Kleveschen Landen bereite und drückte den Wunsch aus, m