Adelbert von Chamisso.
Sobald du aber selbst gefaßter bist,
Verkünde unserm Tochtermann Renzone,
Daß meine wohlerwogne Meinung ist,
Daß künftig er mit uns mein Haus bewohne."
1830. Werke, Bd. II (Sonette und Terzinen), S. 121 ff.
91. Die stille Gemeinde.
Der Muse folgt nach der Bretagne Strand:
Altar und Thron sind umgestürzt, der Schrecken
Herrscht über Blut und Trümmern rings im Land.
Doch Bilder nicht des Blutes aufzudecken,
s Lenkt sie nach jenen Dünen ihre Schritte;
Mort wird aus Leid den Trost sie auferwecken.
Seht dort die Bauern, treu der Väter Sitte,
Einfält'gen Herzens beten, dulden, harren —
Ein Mann des Schreckens droht in ihrer Mitte:
io „Die Kirchen steck' ich euch in Brand, ihr Starren,
Die ihr noch hängt am alten Aberglauben
Und bei verjährtem Unsinn wollt beharren."
Darauf ein Greis: „Wirst nicht die Stern' uns rauben,
Die werden Turm und Glocken überdauern,
i5 Uns mahnend, an den Schöpfer doch zu glauben."
Das Wort ward Tat: um die geschwärzten Mauern
Sah man, die Blicke himmelwärts gewandt,
Den frommen Landmann stillergeben trauern.
Ein frech Soldatenvolk ward hergesandt,
so Die widerspenstig starre Brut zu zwingen,
Und lästernd ward der Heiland nur genannt.
Noch hört nicht auf, allnächtlich zu vollbringen
Die gottgewollte Bahn, das Sternenheer,
Dem Schöpfer mahnend Huld'gung darzubringen.
25 Was glimmt dort für ein Stern auf hohem Meer?
Was regt sich in den Buchten leise, leise?
Was streicht vom Strande von den Dünen her?
Es fahren Boote, schwenken sich zum Kreise,
Man hört die Welle nur, die brandend bricht;
30 Still rudern Männer, Weiber, Minder, Greise.
Dort fern auf hohem Meer das kleine Licht,
Das ist der Stern, dem unter Gottes Hut
Die Schar sich zugewandt mit Zuversicht.
Ein schwanker Nachen auf bewegter Flut,
35 Das ist der Tempel, ist des Herrn Altar,
Worüber ausgespannt der Himmel ruht.