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26. Bismarck wird Minister.
regieren soll, und ich finde keine Minister mehr, die bereit wären, meine
Regierung zu führen, ohne sich und mich der parlamentarischen Mehrheit
zu unterwerfen. Ich habe mich deshalb entschlossen, die Regierung nieder¬
zulegen, und meine Abdikationsurkunde, durch die angeführten Gründe
5 motiviert, bereits entworfen." Der König zeigte mir das auf dem Tische
liegende Aktenstück in seiner Handschrift, ob bereits vollzogen oder nicht, weiß
ich nicht. Se. Majestät schloß, indem er wiederholte, ohne geeignete Minister
könnte er nicht regieren.
Ich erwiderte, es sei Sr. Majestät schon seit dem Mai bekannt, daß
10 ich bereit sei, in das Ministerium einzutreten, ich sei gewiß, daß Roon mit
mir bei ihm bleiben werde, und ich zweifelte nicht, daß die weitere Vervoll¬
ständigung des Kabinetts gelingen werde, falls andre Mitglieder sich durch
meinen Eintritt zum Rücktritt bewogen finden sollten. Der König stellte nach
einigem Erwägen und Hin- und Herreden die Frage, ob ich bereit sei, als Minister
15 für die Militär-Reorganisation einzutreten, und nach meiner Bejahung die
weitere Frage, ob auch gegen die Majorität des Landtags und deren Beschlüsse.
Auf meine Zusage erklärte er schließlich: „Dann ist es meine Pflicht, mit Ihnen
die Weiterführung des Kampfes zu versuchen, und ich abdiziere nicht!" Ob er
das auf dem Tische liegende Schriftstück vernichtet oder in rei inemoriam (zur
20 Erinnerung an die Angelegenheit) aufbewahrt hat, weiß ich nicht.
Der König forderte mich auf, ihn in den Park zu begleiten. Auf
diesem Spaziergange gab er mir ein Programm zu lesen, das in seiner engen
Schrift acht Folioseiten füllte, alle Eventualitäten der damaligen Regierungs¬
politik umfaßte und auf Details wie die Reform der Kreistage einging. Ich lasse
25 es dahingestellt sein, ob dieses Elaborat (Ausarbeitung) schon Erörterungen
mit meinen Vorgängern zur Unterlage gedient hatte, oder ob es zur Sicher¬
stellung gegen eine mir zugetraute konservative Durchgängerei dienen sollte.
Ohne Zweifel war, als er damit umging, mich zu berufen, eine Befürchtung
der Art in ihm von seiner Gemahlin geweckt worden, von deren politischer
30 Begabung er ursprünglich eine hohe Meinung hatte, die aus der Zeit datierte,
wo Sr. Majestät nur eine kronprinzliche Kritik der Regierung des Bruders,
ohne Pflicht zu eigner besserer Leistung, zugestanden hatte. In der Kritik
war die Prinzessin ihrem Gemahl überlegen. Die ersten Zweifel an dieser
geistigen Überlegenheit waren ihm gekommen, als er genötigt war, nicht mehr
35 nur zu kritisieren, sondern selbst zu handeln und die amtliche Verantwortung
für das Bessermachen zu tragen. Sobald die Aufgaben beider Herrschaften
praktisch wurden, hatte der gesunde Verstand des Königs begonnen, sich all¬
mählich von der schlagfertigen weiblichen Beredsamkeit mehr zu emanzipieren.