244 Die Griechen von dem Ende des peloponnesischen Krieges
Gewalt übertragen wurde. Aehnliches geschah in Athen selbst. Aus
den Gegnern der Demokratie, größtentheils aus den mit Groll heim¬
kehrenden Verbannten, wurden dreißig Männer gewählt, welche dem
Staate eine neue den Zwecken Sparta's entsprechende Verfassung geben
sollten. Diese zögerten aber beständig mit der Lösung ihrer Aufgabe
und führten inzwischen die Regierung. Bald zeigten sie Willkühr, Un¬
gerechtigkeit und Grausamkeit. Daß manche hingerichtet wurden, die
der Herstellung eines ruhigen Zustandes im Wege zu stehen schienen,
konnte noch als in ihrer Aufgabe liegend betrachtet werden. Allmälig
schienen sie aber den Kreis derjenigen, welche der künftigen Gestaltung
des Staates hinderlich sein sollten, so weit auszudehnen, daß man die
Absicht, sich durch Einziehung des Vermögens der Hingerichteten zu be¬
reichern, nicht mehr verkennen konnte. Eine sichere Grundlage ihrer
Herrschaft zu haben, erwählten sie dreitausend Bürger zu Theilnehmern
der Gewalt, die zu ihnen in ähnlichem Verhältnisse stehen sollten, wie
in der Verfassung des Jahres 411 die Fünftausend zu den Vierhundert.
Es waren diese natürlich alle aus der im Laufe des Krieges ausgebil¬
deten und nach dessen unglücklichem Ende erstarkten oligarchischen Partei.
Diese Dreitausend wurden allein im Besitze der Waffen gelassen und
über sie sollte der fortbestehende Rath die Blutgerichtsbarkeit haben,
während über Leben und Tod aller klebrigen die Herrscher sich die
Gewalt vorbehielten. Da im Verlaufe der Zeit die Besorgniß näher
rückte, daß fortdauernde Gewaltthätigkeit in den Verfolgten und Be¬
drohten Entschlüsse gewaltsamer Abwehr zur Reife bringen könne, wurde
eiu spartanischer Harmost mit Truppen auf die Akropolis gezogen. Je
weiter die Gewaltherrschaft ging, desto lebhafter wurde in der Mitte
der Dreißig der Widerstand der Gemäßigten, an deren Spitze Thera-
meues stand. Doch die von Kritias geleitete Gegenpartei siegte und
Theramenes selbst wurde durch den Schierlingsbecher hingerichtet, nach¬
dem ihn Kritias mittelst Ausstreichenö aus dem Verzeichnisse der Drei¬
tausend unter die Zahl derjenigen, die von den Dreißig zu richten seien,
versetzt hatte. Der gesteigerte Mißbrauch der Gewalt führte im Jahre
403 zur Befreiung. Auf gewaltsame Verfassungsänderungen pflegte in
den griechischen Städten ein leidenschaftliches Wüthen der siegreichen
Partei gegen die besiegte zu folgen und es blieb bei den Entronnenen
und Verbannten der Versuch nicht aus, sich mit Gewalt den Weg zur
Rückkehr zu bahnen. Eiu solcher Versuch ward jetzt für Athen trotz der
Macht, mit der Sparta über Griechenland gebot, nicht vergeblich ge¬
macht. Zur Verhinderung eines solchen Versuchs hatte Sparta an
sämmtliche Staaten Griechenlands die Aufforderung erlassen, die flüchti¬
gen Athener der in Athen bestehenden Negierung auszuliefern. Dieser
Aufforderung handelte aber nicht bloß Argos, dessen frühere Stellung