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Hab' ich im Fährhaus zugebracht
Und sah unsrer Fenster lichten Schein
Und zählte und konnte nicht drüben sein."
Auf der Norderseite das Brückenhaus —
50 Alle Fenster sehen nach Süden aus,
Und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh'
Und in Bangen sehen nach Süden gu;
Denn wütender wurde der Winde Spiel,
Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel',
55 Erglüht es in niederschießender Pracht
Überm Wasser unten . . . Und wieder ist Nacht.
„Wann treffen wir drei wieder zusamm'?"
„Um Mitternacht am Bergeskamm."
„Auf dem hohen Moor am Erlenstamm."
60 „Ich komme."
„Ich mit."
„Ich nenn' euch die Zahl."
„Und ich die Namen."
„Und ich die Qual."
65 „Hei!
Wie Splitter brach das Gebälk entzwei."
. „Tand, Tand,
Ist das Gebilde von Menschenhand!"
38. Blanko Von Detlev von Ciliencron.
Ausgewählte Gedichte. 21. bis 30. Tausend. Berlin u. Leipzig 1907. 8. 195.
1. Heut bin ich über Rungholt gefahren,
Die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.
Noch schlagen die Wellen da wild und empört,
Wie damals, als sie die Marschen zerstört.
Die Maschine des Dampfers schütterte, stöhnte,
Aus den Wassern rief es unheimlich und höhnte:
Trutz, Blanke Hans.
2. Von der Nordsee, der Mordsee, vom Festland geschieden,
Liegen die friesischen Inseln im Frieden.
Und Zeugen weltenvernichtender Wut,
Taucht Hallig auf Hallig aus stiehender Flut.
Die Möwe zankt schon auf wachsenden Watten,
Der Seehund sonnt sich auf sandigen Platten.
Trutz, Blanke Hans.