Sage, Welt- und Kirchengeschichte.
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etwa gegen die Weihnachtszeit sein, als der Alte sich auf obige Frage
hinter den Ohren kratzte und gleichgültig erwiderte, er wisse nischt, außer
etwa nur das, daß der Napoleon in der Nacht eingepassiert wäre.
„Wer sagt das!" ries mein Vater, indem er aufsprang und den
alten Brummbär bei den Schultern packte.
„Nu, nu!" erwiderte der, „wersoll's denn sagen; die Leute sprechend."
Der Vater ließ alles stehen und liegen, eilte in die Stadt und kam
bald mit der Bestätigung der großen Neuigkeit zurück. Napoleon war
wirklich angekommen, unangemeldet, allein und ohne alte oder junge
Garde. Ganz überraschend war er halb erfroren bei seinem Gesandten
vorgefahren, hatte diesen aus den Federn geschreckt, sich in sein warmes
Bett gelegt und war vor Tagesanbruch schon wieder abgereist. Der
Hiobspost von dem Untergange der Armee vorauseilend, hatte er Nord¬
deutschland wie ein Blitz durchzuckt, um in ein Dresdener Bett zu schlagen;
dann zuckte er weiter bis Paris.
Der alte Blanke bekam für seine Nachricht einen Thaler, und die
zahlreich vorsprechenden Freunde tranken vom besten Rheinwein, den wir
im Keller hatten. So wackere Gesichter hatte man lange nicht gesehen,
denn wenn Napoleon als sein eigener Kurier die Armee verlassen hatte,
so mußte ihm das Wasser au die Kehle gehen.
Unser Haus war ein sehr hohes; außer dem Erdgeschoß noch vier
Etagen übereinander; dann folgte erst der Dachboden, an welchem alle
Mietsleute ihren Anteil und Verschluß hatten. Hier oben war eine
romantische Welt, ein Labyrinth von dunklen, winkligen Gängen, Ver¬
schlügen und Rumpelkammern, voll alten weggesetzten Hausrates und voll
Reiz für Kinder. Ueberdem erfreute man sich aus den Dachlucken einer
weiten Aussicht aus die Meißener Gegend, wie auch nach Norden über
das schwarze Thor hinaus bis auf die waldigen Höhen der Radeberger
Heide.
Indem mein Bruder und ich nun eines Morgens hier unser Wesen
hatten, fiel es uns ein, doch einmal auszuschauen, ob die Russen noch
nicht kämen. Wir blickten angestrengt und lange in die Ferne und
wollten eben die Köpfe wieder einziehen — da! nein es war keine
Täuschung, da zeigten sie sich wirklich! Am Saum des fernen Kiefern¬
waldes, wo dieser an eine öde Sandfläche grenzte, die sich bis zur Stadt
heranzog, war plötzlich ein neuer Gegenstand erschienen, ein dunkles
Etwas, das sich lebhaft hin und her bewegte. Dann waren es zwei und
immer mehrere. Bald schwärmte es wie ein Mückenschwarm der Stadt
zu. „Die Russen! die Russen!" frohlockten wir, und fort ging's mit
Sturmeseile, den Eltern das entzückende Ereignis zu verkünden. Mein
Bruder krallte sich fest an meine Jacke, schreiend, er wollte es auch mit¬
sagen, denn er habe es zuerst gesehen, was auch nahe an die Wahrheit
streifte. So wirbelten wir gekoppelt und gedoppelt die Treppe hinunter
und drangen atemlos in das Arbeitszimmer des Vaters, der empört
über unser Ungestüm den Malstock hob und uns die Flegelei verwies.
Da er aber den Grund unserer Aufregung erfuhr, eilte er, die Arbeit
vergessend, mit uns auf den Boden und blickte mit seinem scharfen Auge