Full text: Prosaband (Teil 9 der Ausgabe A, Teil 6 der Ausgabe B, [Schülerband])

11 
höheren, himmlischen enthüllt es ihm seinen tiefsten Zinn und bleiben¬ 
den wert, was des Dichters Mund als den Standpunkt der von der 
himmlischen Vollendung aus auf die irdischen Dinge zurückschauenden 
Seele bezeichnet: „Ulles vergängliche ist nur ein Gleichnis" — bei 
ihm trifft es schon auf Erden, schon von Jugend auf zu: so allgewaltig, 
allbeherrschend ist in seinem Geiste das Göttliche und Ewige, daß alles 
irdische wahrnehmen sich ihm umsetzt in die sinnbildliche Anschauung 
und Veranschaulichung himmlischer Wahrheit. rDiIIibal5 Uschlag. 
2. Das Christentum, das Evangelium der tätigen Liebe. 
„Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeiset- ich bin 
durstig gewesen, und ihr habt mich getränket; ich bin ein Gast ge¬ 
wesen, und ihr habt mich beherbergt,- ich bin nackend gewesen, und 
ihr habt mich bekleidet,- ich bin krank gewesen, und ihr habt mich be¬ 
suchet,- ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu mir gekommen. 
Denn was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, 
das habt ihr mir getan." 
Diese Worte Jesu haben in seiner Gemeinde mehrere Generationen 
hindurch so hell geleuchtet und so kräftig gewirkt, daß man die christ¬ 
liche Missionspredigt auch als predigt der Liebe und Hilfeleistung be¬ 
zeichnen kann. Ja, von hier aus erscheint die Verkündigung vom 
Heiland und von der Heilung nur als ein Ausschnitt, wie denn auch 
die Worte: „Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besuchet," ein 
Glied in jener Kette von Sprüchen sind. 
Unter den überlieferten Worten und Gleichnissen Jesu sind die, 
welche zu Liebe und Hilfeleistung ermahnen, besonders zahlreich, und 
auch manche Erzählungen von ihm gehören hierher. Uber jene Worte 
mögen noch zahlreicher oder spärlicher sein — daß die Ermahnung zur 
Brüderlichkeit und zur dienenden Liebe der Kern seiner predigt gewesen 
ist, so oft sie das Verhältnis von Mensch zu Mensch ins Auge faßt, 
steht fest, und daß er selbst diese Brüderlichkeit und dienende Liebe 
in sich und seinem wirken dargestellt hat, war das Sicherste in dem 
Eindruck, den er hinterlassen hat. „Liner ist euer Meister,- ihr alle 
aber seid Brüder." „welcher unter euch will der vornehmste werden, 
der soll aller Unecht sein: denn auch der Menschensohn ist nicht ge¬ 
kommen, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein 
Leben zur Bezahlung für viele." So sollte das Gebot der Nächsten¬ 
liebe verstanden werden, wie schrankenlos es gilt, zeigt der Spruch: 
„Liebet eure Zeinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die 
euch hassen, bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen- auf daß 
ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel,- denn er läßt seine Sonne 
aufgehen über die Bösen und über die Guten und läßt regnen über 
Gerechte und Ungerechte." „Selig sind die Barmherzigen," ist der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.