Full text: Prosaband (Teil 9 der Ausgabe A, Teil 6 der Ausgabe B, [Schülerband])

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Äußerungen ihm einen mächtigen Eindruck hinterließen, konnte man 
ihm sehr bald abmerken, obschon er selbst den fragen seines Fürsten 
nach dem Inhalte der Unterredung auf geschickte weise auszuweichen 
verstand, vie Einladung nach Paris insbesondere beschäftigte ihn noch 
geraume Zeit recht lebhaft,- er fragte mich mehrmalen nach dem ohn- 
gefähren Betrag des Aufwandes, den sie wohl erfordern würde, nach 
den verschiedenen, für ihn nötigen Einrichtungen in Paris, Zeit¬ 
abteilungen usw. späterhin mochte ihn wohl die Erwägung so mancher 
nicht zu beseitigender Unbequemlichkeiten in Paris von dem Vorhaben 
abgebracht haben. _ Friedrich v. Müller. 
Die Belagerung Rolbergs. 
Alles, was von Unbeginn der Belagerung bis jetzt vom Feinde 
unternommen worden, mochte nur als ein leichtes Vorspiel von dem¬ 
jenigen gelten, wozu die dritte Morgenstunde des 1. Julius die Losung 
gab. Venn mit ihr eröffnete er aus all seinen zahlreichen Batterien 
ein Feuer gegen die Stabt, so ununterbrochen, so von allen Zeiten 
kreuzend und so mörderisch und zerstörend, wie wir es noch nimmer 
erlebt hatten. Vie Erde dröhnte davon unter unseren Füßen, und 
man kann ohne Übertreibung sagen, daß es rings um uns war, als ob 
die Welt vergehen sollte. Zichtbarlich legten unsre Gegner es darauf 
an, uns durch ihr Bombardement zwischen dem engen Baume unsrer 
Wälle dergestalt zu ängstigen, daß wir, nirgends mehr unseres Bleibens 
wissend, die weiße Fahne zur Ergebung aufstecken müßten. 
Ich befand mich in dieser entsetzlichen Nacht neben unserm Kom¬ 
mandanten auf der Bastion Preußen, als dem höchsten Punkte, den 
unsre Wälle zum Umherschauen darboten, von hier aus konnten 
wir beinahe alle feindlichen Zchanzen übersehen, und ebenso lag die 
Stabt vor uns. GEs ist nicht auszusprechen, wie höllenmäßig das Auf¬ 
blitzen und vonnern des Geschützes Zchlag auf Zchlag und Zuck auf 
Zuck um uns her wütete, während auch das Feuer unsrer Festung 
in seiner Antwort nichts schuldig blieb. In der Luft schwärmte es 
lichterloh von Granaten und Bomben,' wir sahen sie hie und da und 
überall ihren lichten Bogen nach der Stabt hinein wälzen- hörten 
das Krachen ihres Zerspringens sowie das Einstürzen der Giebel und 
Däuser,- vernahmen den wüsten Lärm, der drinnen wogte und toste, 
und waren Zeuge, wie bald hier, bald dort, wo es gezündet hatte, 
eine Feuerflamme emporloderte, von dem allen war die Nacht so 
hell, als ob tausend Fackeln brennten, und das gräßliche Zchauspiel 
schien nicht ein Menschenwerk zu sein, sondern als ob alle Elemente 
gegeneinander in Aufruhr geraten wären, um sich zu zerstören. 
was aber drinnen in der Stabt unter dem armen, wehrlosen 
Haufen vorging, ist vollends so jammervoll, daß meine Feder nicht
	        
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