fullscreen: Lehrbuch der alten Geschichte für die oberen Klassen höherer Lehranstalten

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auf Hügeln und die vier Stunden weite Entfernung von der See war es 
gleich geschützt gegen Überfälle umwohnender Feinde und der Seeräuber. 
Die Sage allerdings, entstanden durch lebhaften Verkehr mit den 
Griechen Campaniens, läßt die Latiner von den Trojanern abstammen. Nach 
der Zerstörung Trojas soll nämlich Äneas mit einer kleinen Schar von 
Trojanern nach Italien gekommen sein, dort die Lavinia, die Tochter des 
Königs Latinns geheiratet und ihr zu Ehren Lavinium gegründet haben. 
Sein Sohn Ascanius oder Julus führte die Einwohner wegen der unge¬ 
sunden Lage des Ortes nach Alba longa. Hier herrschte nach vielen Vor¬ 
gängern Proeas, welcher seinem ältesten Sohne Numitor die Regierung über¬ 
gab. Numitor wurde aber von seinem jüngeren Bruder Amulius entthront, 
der zur Sicherung seiner Herrschaft den Sohn seines älteren Bruders tötete 
und dessen Tochter Rea Silvia zur Vestalin machte. Vestalinnen waren 
Priesterinnen der jungfräulichen Herdgöttin Vesta und mußten unvermählt 
bleiben. Aber Rea Silvia gebar dem Mars Zwillinge, Romnlus und Remus, 
welche der erzürnte Amulius in den Tiber werfen ließ. Der gerade aus¬ 
getretene Fluß ging zufällig in sein Bett zurück, und so blieben die Knaben 
an der Wurzel eines Feigenbaumes (ficus Buminalis) zurück, wurden von 
einer Wölfin gesäugt und vorn Faustulus als Hirten erzogen.' Als sie er¬ 
wachsen waren und ihre wahre Herkunft erfahren hatten, töteten sie den 
Amulius, setzten ihren Großvater Numitor wieder auf den Thron und grün¬ 
deten an der Stätte, wo sie ausgesetzt waren, die Stadt „Nom". Nachdem 
Remus von seinem Bruder erschlagen war, wurde Nomulus der erste und 
alleinige König. 
Die R omulus-Sage ist entstanden, um den Namen „Rom" 
zu erklären. Derselbe ist von den „Ramnes" abzuleiten oder 
von Rnmon, dem älteren Namen des Tiber. 
Die Stadt bevölkerte Rornulus, so erzählt die Sage weiter, durch Er¬ 
öffnung eines Asyls für Verbrecher und flüchtige Sklaven. Da diesen von 
allen Seiten zusammengelaufenen „Römern" die umliegenden Städte das 
Conubium (wechselseitige Heirat) verweigerten, veranstaltete Romulus zu 
Ehreu des Meeresgottes Neptunns feierliche Spiele, zu denen er die Latiner 
und Sabiner einlud. Während der Spiele raubten die Römer die anwesen¬ 
den Jungfrauen. Deshalb entstand ein Krieg mit den Sabinern, deren 
König Titus Tatius sich des Kapitols durch den Verrat der Tarpeja be¬ 
mächtigte und den Römern am Fuße des Palatinus eine Schlacht lieferte. 
Da ftürzteu aus den ärmlichen Stroh- und Lehmhütten der Römer die ge¬ 
raubten Sabinerinnen hervor, bezeugten ihren Vätern und Brüdern, daß sie 
ihre Männer lieb gewonnen hätten, und stifteten Frieden. Ans dem benach¬ 
barten Hügel siedelten sich nun Sabiner an, und beide Könige regierten gemein¬ 
schaftlich, bis Titus Tatius von einem benachbarten Volke erschlagen wurde. 
Die Sage vom Raub der Sabinerinnen verfolgt den
	        
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