Full text: Lesebuch für die 5., 6. und 7. Klasse der pfälzischen Volksschulen

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Nachdem die Speyerer den ganzen Winter hindurch mit 
Kriegssteuern, Einquartierungen und Truppendurchzügen, mit 
Lieferungen, Zwangsanleihen, Frondiensten überlastet waren, 
vermochten/ sie nicht daran zu glauben, daß der König seine Zu— 
stimmung/dazu geben werde eine Stadt zu zerstören, die ihm so 
reiche( Hilfsmittel gewährte. Der Verlauf der Ereignisse aber 
ließ Erkennen, daß sich die Bewohner von Speyer mit ihrem 
Hoffen schrecklich getäuscht hatten. In der Tat, kaum war der 
Monat, Mai angebrochen, als man unserseits begann die bis— 
herige( Verstellu llen zu lassen. Der Stadt wurden zunächst 
ungeheure Lieferungen auferlegt/ und am 20. wurde dem 
Rate mitgeteilt, daß Speyer Ferstört werde. Herr Baron 
von Monclar, der damals in der Stadt befehligte, ließ durch Aus— 
rufer, die zum Herbeilocken des Volkes von Trompetenbläsern 
begleitet waren, bekannt geben, daß innerhalb sechs Tagen alle 
Einwohner Speyers mit ihrem beweglichen Gut die Stadt ver— 
lassen haben, müßten, da man am siebenten Tage an alle Säuser 
Feuer anlegen werde. Übrigens war mit dieser Veröffentlichung 
der Befehl an die Soͤldaten verknüpft keinerlei Gewalttaten zu 
begehen oder die Einwohner von der Wegführung ihrer Habe 
abzuhalten. Im Auftrage des Königs wurde auch dem Rate 
erklärt, daß Seine Majestät die Einwohner nicht darum aus 
der Stadt vertreibe, weil er etwa gegen sie erzürnt sei, auch nicht 
deshalb, weil er vor seinen Feinden Furcht habe, sondern nur 
aus dem Grunde, weil er anderswo seine Truppen nötig bedürfe 
und nicht wolle, daß seine Feinde in der Stadt irgend welche 
Hilfsmittel vorfänden. Fürwahr ein schwacher Trost für die 
Leute, die zum äußersten Mißgeschick verurteilt waren! Wenn 
man ihnen wenigstens noch Wagen zur Fortschaffung ihrer Habe 
gestellt hätte, so wäre dies immerhin eine Art von Tröstung 
gewesen. Aber keine anderen Fuhrwerke wurden den Vertriebenen 
überlassen als die wenigen, die sie selbst bei den Bauern der 
Umgegend auftreiben konnten oder auch bei den Marketendern. 
Doch gerade diese beuteten die Gelegenheit aus und vermieteten 
ihre Wagen zu so hohen Preisen, daß die meisten Bürger die 
Mittel dafür nicht aufbrachten und aus Mangel an Fuhrwerk 
fast all ihr Hab und Gut zurücklassen mußten. Ich war Zeuge, 
daß man den Betrag von fünfzehn Talern für die Überlassung 
eines Pferdes auf einen einzigen Tag bot, eines Pferdes, das 
Lesebuch für die 5.. 6. u. Z. Slasse der pfälzischen Volbssculen 
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