Full text: Lesebuch für die 5., 6. und 7. Klasse der pfälzischen Volksschulen

— — — 
— — 
339 
—— 
— —ß — — 
Kaisers und mehrerer großer Fürsten und geistlicher Herren zu 
verschonen, nämlich die Grabstätten, die sich in dem Dom befan— 
den. übrigens diente das Gotteshaus gleichzeitig als Stall für 
die Pferde der leichten Reiterei. 
Diesen Ausschreitungen folgte vor nun acht Tagen der 
Schlußakt, die Niederbrennung der Stadt. Zu diesem Zweck ließ 
man die Truppen ein Lager außerhalb der Stadtmauern beziehen 
und zweihundert Mann erhielten den Auftrag mit den Fackeln, 
die ihnen eingehändigt wurden, die Stadt in Brand zu setzen. 
Dieses wurde so pünktlich vollzogen, daß in weniger als einem 
halben Tag die Stadt von den Flammen verzehrt war. Somit 
war der letzte Tag im Mai des Jahres 1680 auch der letzte Tag 
dieser freien Reichsstadt, einer Stadt, deren Gründung bis ins 
graue Altertum zurückreicht. Noch nicht befriedigt läßt der König 
gegenwärtig die Überreste von Speyer dem Erdboden gleich 
machen, zu welcher Arbeit bisher alltäglich tausend Soldaten ver— 
wendet wurden. Große Mühe wird man anwenden müssen um 
den Dom zu bewältigen, da dessen Mauern außerordentlich dick 
und durchgehends von behauenen großen Steinen ee— 
Und dennoch kann die Stärke dieses Baues nicht seine Zerstörung 
aufhalten; im Gegenteil: da befürchtet wird, daß die Deutschen 
sich eines Tages darin verschanzen könnten, so wurde beschlossen 
die ausgebrannte Kathedrale mit Anwendung von Minen in die 
Luft zu sprengen. 
Sie vermögen sich keine Vorstellung davon zu machen, welche 
Menge Wein in Speyer eingelagert war. Man könnte damit 
eine Stadt wie Paris auf länger als einen Monat versorgen 
und zwar mit dem besten, der überhaupt getrunken werden kann, 
durchwegs vier oder fünf Jahre alt. Es gab hier wohlhabende 
Leute, die den Wein sogar bis zum 12. Jahrgang aufbewahrten. 
Er wurde in großen Fässern eingelagert, die man gewöhnlich 
Fuder nennt. — — Übrigens glaube ich nicht, daß irgendwo 
aäͤnders in der Welt so schöne Keller und dazu in solcher Zahl 
anzutreffen seien, als sie in dieser Stadt bestanden. Sie waren 
tief, geräumig und wohlgewölbt, mit großen Pfeilern im Innern, 
die die ganze Last der darüber erbauten Häuser trugen wie auch 
der Straßen, bis unter welche die Kellerräume immer hinaus⸗ 
reichten. Wer in einen solchen Keller hinabgestiegen war, konnte 
29
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.