Full text: Für die Mittel- und Oberstufe evangelischer Schulen (Teil 2, [Schülerband])

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117. Der Nordwind. 
Der Nordwind ging einmal spazieren; aber da er ein wilder 
Geselle war, so trieb er allerlei Unfug. Als er in den Garten kam, 
zauste er die Rose an den Haaren, der Lilie knickte er den Stengel, 
brach die reifen Aprikosen ab und warf die Birnen in den Kot. Im 
Felde trieb er es noch ärger. Da stieß er die Ähren in den Staub, 
schüttelte die unreifen Äpfel ab, riß die Blätter von den Zweigen 
und streute sie in der Luft umher, ja, einen alten, schwachen Baum 
stürzte er ganz um, daß die Wurzeln in die Höhe standen. 
Da beklagten sich die Leute beim Windkönig, der in seinem 
Luftschlosse die Winde nach Belieben gefangen hält oder gehen 
läßt. Sie erzählten ihm, was der wüste Nordwind angerichtet hätte, 
und wie der Garten und das Feld trauerten über das Leid, das er 
ihnen zugefügt hätte. 
Der König ließ den Nordwind kommen und fragte ihn, ob 
es wahr sei, was die Leute klagten. Er konnte es nicht leugnen; 
denn der zerstörte Garten und das zerstörte Feld lagen vor aller 
Augen. Da fragte der König: „Warum hast du das getan?“ Der 
Nordwind antwortete: „Ei, ich habe es nicht böse gemeint. Ich 
wollte spielen mit der Rose und mit der Lilie und der Aprikose und 
mit dem übrigen. Ich habe nicht gedacht, daß es ihnen weh tun würde.“ 
Der König aber sagte: „Wenn du ein so grober Spieler bist, 
dann darf ich dich nicht mehr hinauslassen. Den ganzen Sommer 
über muß ich dich eingesperrt halten; im Winter, wenn es keine 
Blumen und keine Blätter und Früchte mehr gibt, dann magst du 
hinausgehen und spielen. Ich sehe, du passest nur für das Eis und 
den Schnee, aber nicht für die Blumen und die Früchte.“ 
Wilhelm Curtman. (Geschichten für Kinder.) 
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☆ 
118. Die Musik im Hofe. 
Horch! Musik ist auf dem Hofe. Der alte Orgelspieler ist 
wieder da. Er ist blind. Als er noch jung war, da hat er auch den 
Sonnenschein, die Häuser und Straßen und die Bäume und Blumen 
sehen können. Nun kann er schon viele Jahre nichts mehr erkennen 
und muß von einem Kinde geführt werden. Mit seiner Drehorgel 
zieht er von Hof zu Hof und spielt lustige und traurige Stücklein.
	        
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