Friedrich Wilhelm III.
229
nur unbesonnene Prahlerei. Der König schüttelte bedenklich den Kops
über den hochfahrenden Sinn seiner Offiziere; er wußte wohl, daß der
Arm der Hoffärtigen zerbrochen wird.
Dies erfüllte sich leider sehr bald durch die entsetzliche Niederlage
der getrennten preußischen Hanptheere am 14. Oktober 1806. Das eine,
unter dem Prinzen von Hohenlohe, wurde bei Jena von Napoleon,
das andre, bei dem auch der König war, unter dem alten Herzog von
Brannschweig, ans dem Marsche nach Auerstedt von dem Feld¬
marschall Davonst (spr. Dawüh) trotz der echt preußischen Tapferkeit
einzelner Hansen gänzlich geschlagen.
Noch schlimmer als die Niederlage von Jena und Auerstedt waren
ihre Folgen. An die Stelle des Übermuts trat vollständige Mutlosigkeit
und Verzagtheit. Ganz natürlich. Man hatte sich auf die eigne Kraft
und nicht auf den Beistand des lebendigen Gottes verlassen. Nun fehlte
es an dem mutigen Glauben, der die Niedergebeugten aufrichtet und den
Trostlosen Stecken und Stab ist. In unwürdiger Verzweiflung beeilte
man sich, dem Feinde ohne Gegenwehr alles dahinzngeben. Die meisten
Festungen wurden dem Feinde ohne Verteidigung überliefert. „Ein
Schelm machte den andern." Schon am 27. Oktober hielt Napoleon
seinen feierlichen Einzug in Berlin. Alle Vorräte lieferte der Befehls¬
haber in des Feindes Hand, um nicht den Zorn des Siegers zu erregen.
Nur wenige Festungen blieben dem Könige erhalten. In Pommern hielt
sich Kolberg, in Westpreußen Grandenz, in Schlesien Kosel und
Silberberg. Wacker bestand auch Danzig eine lange Belagerung,
obwohl es sich zuletzt ergeben mußte.
3. Teurer Friede. Der Friede zu Tilsit (1807) kostete dem
Könige die Hälfte seines Reiches. Es blieben ihm nur Pommern,
Schlesien, Brandenburg östlich von der Elbe, Ostpreußen und
ein Stück von Westpreußen. 90 Millionen Mark Kriegssteuern hatte
das ansgesogene Land aufzubringen. Bis das Geld gezahlt war, mußten
französische Heere von dem preußischen Bürger und Bauer gefüttert werden.
4. Friedrich Wilhelm III. als Landesvater. Schon mitten
in der Zeit der größten Drangsale unternahm es Friedrich Wilhelm III.,
heilsame Verbesserungen in seinem Staate durchzuführen. Der Frei¬
herr vom Stein (s. S. 234) war der treue Berater des Königs. Der
Bauernstand war damals meist noch erbnnterthänig, d. h., der Bauer
war nicht selber Besitzer von Grund und Boden, sondern hatte ihn nur
zum Nießbrauch und mußte dem Gutsherrn dafür schwere Dienste
leisten und Abgaben zahlen. Ohne Erlaubnis des Gutsherrn durften z. B.
seine Kinder nicht in fremden Dienst gehen, seine Töchter sich nicht ver¬