Full text: [Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband])

184. Der Gorilla Mpungu im Aquarium zu Berlin 1877. 
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184. Der Gorilla Ipungu im Aquarium 
zu Berlin 1877. 
Von allen menschenähnlichen Affen der vornehmste ist der Gorilla. 
Es ist, als habe er einen Adelsbrief mit auf die Welt gebracht. Unser 
etwa zwei Jahre alter männlicher Gorilla, Mpungu genannt, in seinem 
Glaspalaste im Aquarium zu Berlin, hat eine Höhe von 0, 85 m erreieht. 
Sein Körper ist bedeckt mit seidenweichem, grau gemischtem, auf dem 
Kopfe rötlichem Haar. Seine derbe, gedrungene Gestalt, seine mus- 
kulösen Arme, sein glattes, glänzend schwarzes Gesicht mit den wohl- 
geformten Ohren, das grobe, kluge, neckische Auge geben ihm etwas 
überraschend Menschenähnliches. Er würde einem Negerknaben gleichen, 
wenn die Nase förmlicher gestaltet wäre. Dieser Eindruck steigert sich 
dureh die Unbebolfenheit seines ganzgen Wesens; jede seiner Bewegungen 
läßt mehr einen tölpelhaften Buben als einen Affen erkennen. Wenn 
er, unbeweglich dasitzend, seinen Blick über das ihn anstaunende 
Publikum schweifen läßt und dann mit nickendem Kopfe plötzlieh in 
die Hände klatscht, hat er sieh im Nu die Herzen aller erobert. Er 
verkehrt gern in großer Gesellschaft, unterscheidet jung von alt, männ- 
lich von weiblich. Gegen Kinder von 2 bis 3 Jahren ist er liebens- 
würdig; er küßt sie gern und läßt sich alles gefallen, ältere Kinder 
behandelt er schon schlechter; läßt er sieh auech gern auf das Spielen 
mit ihnen ein, rennt mit ihnen um die Wette um Tisch und Stühle, 
die er häufig umwirft, dabei in neckischer Weise bald diesem, bald jenem 
einen Schlag mit der Oberfläche seiner Hand versetzend, so geniert er sich 
aueh nicht im mindesten, mitten im Spiel ein Bein zu erfassen und 
seine Zähne daran zu probieren. Auf dem Arme von Damen benimmt 
er siech höchst dankbar; er umarmt sie, und sieh an ihre Schultern 
lehnend, bleibt er gern längere Zeit auf ihrem Schobe. Im allgemeinen 
Affenkäfig spielt er gern, und hier ist er der unbedingte Herrscher; 
selbst der Schimpanse orduet sioh ihm widerstandslos unter. Er behan- 
delt diesen aber ebenbürtiger, indem er ihn fast aussehlieblich als 
Spielgefãhrten erwählt, während er rücksichtslos mit dem gemeinen 
Affengesindel verkehrt. Sein Gang hat mit dem des Schimpansen viel 
Ahnlichkeit; er geht auf der Sohle des Fubes, indem er sich wie dieser 
auf die Aubenflächen der Hand stützt. Aber er setzt die Fübe mehr 
auswärts und trägt den Kopf aufrecht mit einer Vornehmheit, als 
gehöre er den höheren Ständen an. 
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