Full text: [Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband])

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184. Der Gorilla Mpungu im Aquarium zu Berlin 1877. 
Menschenähnlich wie sein ganzes Wesen ist auch die Weise, wie 
er lebt. Morgens um die achte Stunde erhebt er sich von seinem Lager, 
setzt sich aufrecht hin, gähnt, kratzt siech an einigen Stellen seines 
Kõrpers und bleibt schlaftrunken, teilnahmlos, bis er seine Morgenmileh 
eingenommen hat, die er aus einem Glase zu trinken pflegt. Nunmehr, 
ganz ermuntert, verläßt er sein Bett, sieht sich in der Stube um, ob 
r für seine Zerstörungslust einen Gegenstand finde, guekt zum Penster 
hinaus, fängt zu klatschen und mit dem Wãrter zu spielen an. Stets 
mub dieser bei ihm sein. Nicht einen Augenblick bleibt er gan- allein. 
Mit schrillen Tönen schreit er, wenn er sich von diesem verlassen findet. 
Im 9 Uhr wird er gewaschen, was ihm wohlgefällt. Mit grunzendem 
Tone gibt er seiner Preude hierüber Ausdruck. Dem Zusammenleben 
mit dem Wärter entsprechend, hält er seine Mahl-eiten wie diesex. 
Zum Prühstück erhält er ein Paar Wiener, EFrankfurter oder Jauersche 
WVüũrste oder ein mit Hamburger Rauchfleiseh, Berliner Kuhkãse oder sonst- 
wie belegtes Butterbrot. Dazu trinkt er am liebsten seine kühle Weibe; 
höchst komisch sieht es aus, wenn er das umfangreiohe Glas mit seinen 
kurzen dicken Fingern anfabt und einen Pub zu Hilfe nimmt, um es 
nieht fallen zu lassen. Obst iht er gern und viel, von Kirsohen son- 
dert er sorgfältig die Kerne. Um 1 Uhr bringt die Frau des Wärters 
jhin sein Eosen; er untersueht gern die Speisen und naseht gern von 
dem, was ihm am besten sohmeckt. Eine Ohrfeige ist die gewöhnliche 
Folge seiner Naschhaftigkeit, und artig erwartet er dann, nieht einen 
Blicic von den Speisen wendend, den Beginn der Mahlzeit. Zuerst 
ine Tasse Bouillon. Im Nu ist diese bis auf die Nagelprobe geleert. 
Dann gibt es Reis oder Gemũse, vornehmlich Kartoffeln, Mohrrüben 
oder Kohlrabi mit FPleisch gekocht. Die Prau hält darauf, daß er sieh 
anständig benimmt, und er gebraueht in der Tat den Löffel schon mit 
Geschick. Sobald er sich aber unbeachtet glaubt, fährt er mit dem 
Munde in die Schüssel. Zum Sehluß ist ihm ein Stüok eines gebra- 
tenen Huhnes am villkommensten. Er ist kein Kostverãchter; was 
der Wärter ißt, ist auch seine Speise, undl an Menge gibt er diesem 
nicht viel nach. Ist das Essen vorüber, so will er seine Rube haben. 
Ein ein- bis anderthalbstündiger Scehlaf macht ihn wieder aufgelegt 
zu neuem Spiele. Nachmittags erhält er Obst, abends Mileh oder Tee 
nd Butterbrot. Um 9 Uhr geht er zur Ruhe. Er liegt auf einer 
Matratze in eine wollene Decke eingehüllt. Der Wärter bleibt bei ihm 
gitzen, bis er eingesohlafen ist. Am liebsten aber sehläft er mit dem 
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