So war das Mark von Deutschland hier!
gedrängt;
und mitten in dem Lager jedes Volks
erhub sich stolz das herzogliche Zelt.
b Da war ein Grüßen und ein Hände—
schlag,
ein Austausch, ein lebendiger Verkehr!
Und jeder Stamm verschieden an Gesicht,
an Wuchs und Haltung, Mundart, Sitie,
Tracht,
an Pferden, Rüstung, Waffenfertigkeit,
und alle doch ein großes Brüdervolk,
zu gleichem Zwecke festlich hier vereint!
Was jeder im besondern erst beriet
im hüllenden Gezelt und im Gebüsch
der Inselbuchten, mählich war's gereift
zum allgemeinen offenen Beschluß.
Aus vielen wurden wenige gewählt,
und aus den wenigen erkor man zween,
20 all' beide Franken, fürstlichen Geschlechts,
erzeugt von Brüdern, Namensbrüder
selbst,
Kunrade, längst mit gleichem Ruhm ge—
nannt.
25 Da standen nun auf eines Hügels
Saum,
im Kreis der Fürsten, sichtbar allem
Volk,
die beiden Männer, die aus freier
Wahl
das deutsche Volk des Thrones wert
erlannt
vor allen, die der deutsche Boden nährt,
von allen Würdigen die Würdigsten,
und so einander selbst an Würde gleich,
daß fürder nicht die Wahl zu schreiten
schien,
und daß die Wage ruht im Gleichgewicht.
Da standen sie, das hohe Haupt geneigt,
10 den Blick gesenkt, die Wange scham—
erglüht,
von stolzer Demut überwältiget.
Ein königlicher Anblick war's, ob dem
die Thräne rollt' in manches Mannes
Vart
Und wie nun harrend all die Menge stand
und sich des Volkes Brausen so gelegt,
10
2
3—
daß man des Rheines stillen Zug ver—
nahm,
denn niemand wagt' es, diesen oder den
zu küren mit dem hellen Ruf der Wahl,
um nicht am andern Unrecht zu begehn,
noch aufzuregen Eifersucht und Zwist,
da sah man plötzlich, wie die beiden
Herrn
einander herzlich faßten bei der Hand
und sich begegneten im Bruderkuß;
da ward es klar, sie hegten keinen Neid,
und jeder stand dem andern gern zurück
Der Erzbischof von Mainz erhub sich
jetzt:
„Weil doch“, so rief er, „Einer es muß
sein
so sei's der Altere.“ Freudig stimmten bei
gesamte Fürsten und am freudigsten
der jüngre Kunrad; donnergleich erscholl,
oft wiederholt, des Volkes Beifallsruf.
Als der Gewählte drauf sich niederließ,
ergriff er seines edlen Vetters Hand
und zog ihn zu sich auf den Königssitz.
Und in den Ring der Fürsten trat sofort
die fromme Kaiserwitwe Kunigund;
glückwünschend reichte sie dem neuen
König
die treu bewahrten Reichskleinode dar
Zum Festzug aber scharten sich die Reih'n,
voran der König, folgend mit Gesang
die Geistlichen und Laien. So viel
Preis
erscholl zum Himmel nie an einem Tag;
wär! Kaiser Karl gestiegen aus der Gruft,
nicht freudiger hätt' ihn die Welt be—
grüßt.
So wallten sie den Strom entlang nach
Mainz,
woselbst der König im erhab'nen Dom
der Salbung heil'ge Weihe nun empfing
Wen seines Volkes Ruf so hoch gestellt,
dem fehle nicht die Kräftigung von
Gott!
Und als er wieder aus dem Tempel
trat,
erschien er herrlicher als kaum zuvor,
und seine Schulter ragt' ob allem Volk.