Full text: Lesebuch für deutsche Volksschulen

347 — 
174. Die Schlacht bei Lützen. 
Gustav Adolf hatte schon am 5. November 1632 schlagen wollen, 
war aber erst gegen Abend trotz aller Eile bis in die Nähe des 
Feindes gekommen. Wäre des Königs Absicht gelungen und er 
nur zwei Stunden früher auf dem Lützener Feld angelangt, so wäre 
Wallensteins zerstreutes Heer in eine üble Lage geraten. Jetzt donnerte:: 
unter den Kaiserlichen die Signalkanonen, um die Heeresteile zusammen¬ 
zurufen, und es blieb eine lange Nacht übrig, Pappenheim mit den 
Kürassieren von Halle zu holen. Die Nacht war stockfinster und 
wollte nicht ende::, da am Morgen ein dicker Nebel alles bedeckte 
und den Beginn des Kampfes unmöglich machte. 
Das alles verstimmte den König. Er ritt umher, um sich zu 
überzeugen, ob alles in Ordnung wäre. Über dem Koller von Elens¬ 
haut trug er einen grauen Überrock. Man bat ihn, wenigstens an 
solchem Tage einen Harnisch anzulegen. Das wollte er aber nicht, 
weil er ihm Schmerzen verursache. Im polnischen Kriege nämlich 
hatte er bei Dirschan eine Schußwunde erhalten, und der Harnisch 
drückte ihn an dieser Stelle. „Gott ist mein Harnisch!" erwiderte 
er, als man nochmals in ihn dringen wollte. Auch frühstückte er nichts. 
Die Nacht hatte er wiederum in einem Wagen verbracht mit Herzog 
Bemhard und dem General Kniephausen. Nüchtern hatte er früh 
einen weißen Hengst bestiegen, und diesen ritt er müde, ehe noch die 
Schlacht begann. Sein Gefolge bestand an jenem Tage aus lauter 
Deutschen: Franz Albert, Herzog von Sachsen-Lauenburg, Truchseß 
und einem achtzehnjährigen Pagen, namens Leubelsing, gebürtig aus 
Nürnberg. 
Das Heer sang zum Morgengebete: „Ein' feste Burg ist unser 
Gott!" Der König hielt Anreden an die Truppen, auch an die 
Deutschen, welche unter Herzog Bernhard den linken Flügel einnahmen. 
Es ist bekannt, daß er vollkommen Deutsch sprach. — Dann ritt er 
am Zentrun:, an seinen blauen und grünen Regimentern, vorüber 
nach dem rechten Flügel zurück. Der weiße Hengst strauchelte, und 
der König vertauschte ihn mit dem braunen, welchen er das Jahr 
vorher bei Breitenfeld geritten hatte. Der Nebel wich nicht; man 
sah nur seinen nächsten Nachbar. Der König begann selbst mit lauter 
Stimme den Gesang eines Psalms und dann eines Liedes, das er 
zu seinem Feldliede erwählt hatte und das mit den Worten anhub: 
„Verzage nicht, du Häuflein klein!" 
Das Heer sah sich nicht; es hörte sich nur, und ein Nachbar 
innßte es den: andern sagen, daß Lützen brenne. Wallenstein hatte
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.