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IV. Aus der Tiefe, der Höhe und der Ferne.
201. Das Kochsalz.
Das Salz darf bei Tische nicht fehlen. Im blanken Glasgefäße
liegt es schön weiß wie frisch gefallener Schnee. Ländern, denen es an
Salz fehlt, wird es vom Kaufmann aus der Ferne zugeführt; und in
dem salzarmen Innern Afrikas wird es so hoch geschätzt, daß man dort
mit Salzstückchen wie bei uns mit Silber- und Kupfergeld bezahlt. Die
Salzkörnchen haben je nach den verschiedenen Ländern, in denen sie auf
den Tisch kommen, sehr verschiedene Schicksale gehabt. Wir wollen uns
von dreien ihre Erlebnisse erzählen lassen:
1. Seesalz. Das weite, weite Meer enthält lauter Salzwasser.
Es schmeckt wie eine versalzene Suppe und taugt nicht zum Trinken.
Der Schiffer, der längere Zeit über See fährt, nimmt Trinkwasser in
Fässern mit oder bereitet es künstlich durch Abdampfen aus Seewasser.
Die Pflanzen, die im Meere wachsen, gedeihen aber nur in solchem Salz¬
wasser, und die Fische, Krebse und viele andere Tiere des Meeres können
nur in salzigem Meerwasser leben. Sie sterben gewöhnlich, wenn man
sie in Süßwasser setzt.
Die Leute am Meeresstrande leiten das Meerwasser in flache Teiche.
Sie haben diese wie einen Garten in Beete geteilt, zwischen denen Dämme
zum Gehen hindurchführen. In diese Beete leiten sie zur Flutzeit das
Meerwasser und verschließen nachher die Schleusen. Durch den heißen
Sonnenschein verdunstet das Wasser, und das Seesalz bleibt am Boden
zurück. Es wird dann in Haufen gebracht und besonders zum Einsalzen
der Heringe und anderer Seefische verwandt.
2. Salinensalz. Es gibt vielerlei verschiedene Quellen: kalte
und warme, süße und salzige. Zu den Salzquellen kommen die Tiere
des Waldes und lecken daran zu ihrem Vergnügen. An ihnen haben
auch die Menschen Häuser und Städte gebaut und Salzsiedereien an¬
gelegt. Das Wasser der Salzquellen enthält etwas Salz aufgelöst, dazu
gewöhnlich auch Gips. Der Salzsieder leitet das Salzwasser oder die
Sole durch Pumpen auf eine hohe Wand, die er aus Balken und
Schlehdornreisern aufgebaut hat. Er nennt eine solche Dornenwand ein
Gradierwerk. Von der Höhe der Wand läßt er die Sole langsam durch
sie hinabträufeln. Dabei verdunstet ein gut Teil Wasser, und der Gips
bleibt an den Dornen der Wand hangen, so daß diese zuletzt aussehen
wie weiße Korallen. Die Sole sammelt sich in Holzgefäßen am Grunde
des Gradierwerkes. Sie enthält jetzt viel weniger Wasser und Gips,
dagegen mehr Salz. Nun leitet der Salzsieder sie in das Siedehaus
und dort in die große, flache Siedepfanne. Unter diese macht er Feuer
und läßt das übrige Wasser verdampfen. Da bleibt denn das Salz in