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Aus bcm Leben der
7. Hie Veilchen.
Veilchen, habt ihr euch versteckt'?
Immerhin, ich werd’ euch finden;
hab’ ich einmal euch entdeckt,
will ich mir ein Kränzchen binden.
Wo am Zaun im frischen Grün
braune Blätter glänzend stehen,
werden wohl die Veilchen blühn,
und ich will sie suchen gehen.
Birgt euch gleich der Blätterwald,
wird der Duft euch doch verraten;
Gras und Moos durchsuch’ ich bald,
wo im Tau sich Knospen baden.
Seht, gefunden seid ihr nun!
freudig will ich euch jetzt pflücken;
duftend sollt ihr bei mir ruhn
und das kleine Tischchen schmücken.
8. Das Maiglöckchen.
Zu den lieblichsten Blümlein unsrer heimischen Laubwälder gehört
das Maiglöckchen, welches von der Gestalt seiner Blüten und der Zeit
seines Blühens seinen Namen erhalten hat. Um seines lieblichen Wohl¬
geruchs willen wird es auch im Garten und in Töpfen gezogen; ein
einziger Strauß durchduftet die ganze Stube.
Das Maiglöckchen führt ein eigentümliches Leben halb über, halb
unter der Erde. Unter der Erde hat es seinen Wurzelstock. Dieser
Wurzelstock bildet im Spätsommer zweierlei Knospen, von denen die
einen wagerecht unter der Erde fortwachsen und, des Lichtes beraubt,
weiß bleiben, die andern zu Laub- und Blütenzweigen für das Leben
über der Erde bestimmt sind. Die letzteren öffnen sich im Frühjahr
und treiben einen Zweig nach oben. An diesem springen zwischen eini¬
gen schuppenförmigen, weißen Blättern zwei schöne grüne Blätter her¬
vor, die anfänglich zusammengerollt sind, und von denen sich später das
innere über das äußere erhebt. Manche Zweige treiben außer jenen
zwei grünen Blättern auch noch einen Blütenstiel, der an seiner obereil
Hälfte an kleinen Stielchen sechs bis zwölf weiße Glöckchen trägt.
====== Kerm. Wagner.
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