Kaiser Wilhelm II.
und die Flotte, über welche der Kriegsherr der berühmtesten Armee
Heerschau halten wollte, denkwürdige Tage für die Freundschaft
des kaiserlichen Hauses Hohenzollern und des Königshauses Savoyen.
Denn nachdem Kaiser Wilhelm auf seiner Nordlandsfahrt die Be—
herrscher Rußlands, Schwedens und Dänemarks begrüßt hatte, um
seine Friedensliebe zu bezeugen, stattete er auch dem Kaiser von
Osterreich und dem Könige von Italien Besuche ab, um die Bünd—
nisse welche das Deutsche Reich geschlossen, durch sein persönliches
Erscheinen zu bekräftigen.
Lange hatte Rom keinen Deutschen Kaiser gesehen, noch nie
einen solchen, der als ein uneigennütziger, mächtiger Freund des
jungen Königreiches kam; daher hatte die Bevölkerung ihm den
festlichsten Empfang bereitet. Die feierlichen Klänge des „Heil dir
im Siegerkranz“ begrüßten den kaiserlichen Gast, als er Hand in
Hand mit seinem königlichen Gastgeber vom Bahnhofe aus die
Stadt Rom betrat. Mit den Ausdrücken der höchsten Freude,
Tücherschwenken, Händeklatschen und Hochrufen hieß die dicht⸗
gedrängte Menge im reichsten Schmuck der Straßen den Kaiser
willkommen. Es war ein unvergeßlicher Anblick, die Via Nazionale
und den Quirinalsplatz beim Einzuge zu sehen, aber das zu n
dern vermögen Worte nicht. Die jubelnde Menge ruhte nicht eher,
bis die gesamte königliche Familie mit ihrem hohen Gaste auf dem
Schloßbaͤlkon erschien und die immer sich erneuenden Huldigungen
entgegennahm.
Sehr verwundert waren die Römer, als der Kaiser am nächsten
Morgen schon früh um 6 Uhr einen Ritt auf das Paradefeld des
folgenden Tages machte. Als aber die Truppenschau so großartig,
wie sie Rom noch nie gesehen hatte, vor sich ging, da strömten viele
Tausende hinaus und freuten sich des herrlichen Schauspiels. Der
Kaiser abet, der später auch die Flotte bei Neapel musterte, wußte,
daß er einen treuen Freund, und dieser eine treffliche Armee und
eine gleich tüchtige Flotte habe.
Teilweise nach der Darstellung des „Daheim“)
3. Der erste Geburtstag des „Kaisers“.
Am 27. Januar 1889 wurde der Kaiser dreißig Jahre alt.
An diesem seinem ersten Geburtstage, den er als Kaiser feierte,
hatten sich wieder, wie bei der Eröffnung des ersten Deutschen
Reichstages unter seiner Regierung, Deutschlands Fürsten um den
Kaiserthron geschart, und die Hauptstadt Berlin hatte ihr glänzend⸗
stes Festgewand angelegt. Gottesdienst in der Kaͤpelle des Königs⸗
schlosses, feierliche Beglückwünschung im Weißen Saale, eine
Morgenvorstellung im n Opernhause und ein Festmahl
gaben Gelegenheit festlichen Pruͤnk zu entfaälten, soweit das Trauer—
sahr dies nicht verbot. Außerdem gewährte die Überführung der
Fahnen und Standarten der in Berlin stehenden Regimenter des
Gardekorps aus dem Kaiserlichen Palais Unter den Linden in das
Obnigliche Schloß ein militärisches Schauspiel, so reich an ruhm—