75
80
85
90
95
5. Die Macht des Gebets.
—
sehen, was er macht, und singen: Eia, Popeia!
Und Leuchtwürmchen kommt — o Wunder! — mit der Laterne
nachts noch um neun auf Besuch, wenn Flieg' und Käferchen schlafen.
Esset, Kinder, und segn' es euch Gott, und wachst und gedeihet!
Allgemach hat man geheut und Kirschen gepflückt nach Pfingsten;
allgemach hinter dem Garten die reifen Pflaumen geschüttelt,
auch den Roggen im Feld geschnitten und Weizen und Gerste, —
arme Kinderchen lasen barfuß zwischen den Stoppeln
die gefallenen Ähren; das Mäuschen half ihnen treulich;
drauf bleicht endlich auch der Hafer. Voll mehliger Körner
schwankt er und sagt: „Nun will mir's allmählich nicht mehr behagen,
und ich fühl's, meine Zeit ist aus; — was soll ich allein hier
zwischen den Stoppelrüben und dürrem Kartoffelgestrüppe?“ —
Drauf ging Mutter hinaus aufs Feld mit Sinchen und Polchen,
kalt war's schon, man fror an den Fingern morgens und abends.
Endlich kam er nach Haus, und in der staubigen Scheune
ist er gedroschen von früh um zwei bis abends um vier Uhr.
Drauf kam Müllers Esel und trug ihn hinüber zur Mühle,
und dann bracht' er ihn wieder, zu kleinen Körnchen zermahlen;
und mit fetter Milch vom jungen, fleckigen Kühchen
kocht' ihn die Mutter im Topf — nicht wahr, es schmeckte euch köstlich? —
Faltet die Hände nun und betet: „Danket dem Herrn“ —
und nun geht in die Schule, der Büchersack hängt dort am Fenster.
Falle mir keins! gebt acht, und lernet, was man euch aufgiebt!
Kommt ihr wieder nach Haus, so giebt's getrocknete Pflaumen!
Hebel.
5. Die Macht des Gebets.
Das Schiff Cornelia“ befand sich auf einer Reise im Weltmeere
und war bereits weit von der amerikanischen Küste entfernt, als ein
heftiger Sturm losbrach, der fünf Tage lang anhielt und das Schiff
in eine solche Gefahr brachte, daß die Mannschaft sich fast für verloren
ansah. Gerade als das Unwetter am wütendsten tobte und das
Schiff wie einen Spielball haushoch hinauf- und hinabschleuderte, kam
oben das Takelwerk am Hauptmast in Unordnung, und der Schaden
mußte zurechtgebracht werden. Doch in dem Tumult des Sturmwindes
auf den Mast zu klettern, schien fast unmöglich; es war ein Wagestück
auf Leben und Tod. Der Steuermann befahl kurzweg einem Schiffs—
jungen, er solle hinauf. Der war ein junger, zarter Bursche, kaum
dreizehn Jahre alt, das einzige Kind einer armen Witwe, welche ihr liebstes
hatte in die Welt gehen lassen, weil sie selber kaum satt zu essen hatte.
Als der Junge den Befehl vom Steuermann empfangen, hob er
seine Mütze auf, blickte hinauf nach der Spitze des Mastes und wieder
hinab in die schäumenden Wellen, die wie mit Ruten gepeitscht übers
Verdeck schlugen und nach ihm die Wasserarme ausstreckten; und dann