Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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1.2 
Takelwerk in Unordnung, und der Schaden mußte zurechtgebracht werden. 
Doch in dem Tumult des Sturmwindes auf den Mast zu klettern, schien 
fast unmöglich; es war ein Wagstück auf Leben und Tod. Der Steuen 
mann befahl kurzweg einem Schiffsjungen, er solle hinauf. Der war ein 
junger, zarter Bursche, kaum dreizehn Jahr alt, das einzige Kind einer 
armen Witwe, die ihr Liebstes hatte in die Welt gehen lassen, weil sie selber 
kaum satt zu essen hatte. 
. As der Junge den Befehl vom Steuermann empfangen hatte, 
blickte er hinauf nach der Spitze des Mastes und wieder hinab in die 
schäumenden Wellen, die wie mit Ruten gepeitscht übers Verdeck schlugen 
und nach ihm die Wasserarme ausstreckten. Er schwieg einen Augenblick; 
darauf sagte er: „Ich komme gleich!“ und sprang übers Verdeck fort in die 
Kajüte. Eine Minute verging, dann kehrte er zurück, und nun ging's die 
Strickleitern hinauf, flink und entschlossen. 
Der Mann, der diese Geschichte erzählt hat, stand unten am Maste, 
und seine Blicke folgten dem Kinde, bis ihm schwindelte. Er fragte den 
Steuermann: „Warum schichst du den hinauf? Er kommt nicht lebendig 
herunter!“ — Der Steuermann antwortete: „Männer fallen, Jungen 
stehen. Der klettert wie 'ne Eichkatze!“ 
Der andre sah wieder hinauf; noch stand der Junge. Jetzt hing er am 
Mastkorb, jetzt stieg er weiter. Der Sturm raste und tauchte den Mast 
fast in die Flut ein; der Junge hielt sich. — In einer Viertelstunde war er 
unten, wohlbehalten und frisch, und lachte fröhlich. — „Gott sei gedankt!“ 
rief jener; vor Angst hatte das Herz ihm stille gestanden. 
3. Denselben Tag noch suchte er den Jungen zu sprechen. Er fragte 
ihn, ob ihm nicht bange gewesen sei. „Ja“, sagte der Junge. — „Ich merkte 
es wohl,“ sagte der andre, „du hast es dir auch erst in der Kajüte bedacht.“ 
„vBedacht nicht,“ sprach jener, „ich wollte erst beten. Ich dachte: Herunter 
komme ich nicht wieder lebendig; da habe ich beten müssen. Hernach war mir 
nicht bange.“ — Der Mann fragte ihn, wo er das Beten gelernt habe. — „Zu 
Hause,“ sagte der Junge, „die Mutter hat es mich gelehrt. Als ich fortging, 
sagte sie, ich solle es nimmer unterlassen, damit Gott mich vor Gefahren 
bewahre.“ Johann Hinrich Wichern. Sliegende Blätter aus dem Rauhen Hause.) 
83. Des Bergmanns Gebet. 
3 Früh, sobald der Morgen grüßte, 
fährt der Knappe in den Schacht; 
kaum daß ihn die Sonne küßte, 
hüllt ihn wieder ein die Nacht. 
Nur das Grubenlicht 
leuchtet ihm zur Schicht: 
Glückauf! 
2. Durch der Stollen tiefe Gänge 
hallt gedämpft sein Fäustelschlag, 
nimmer zu des Ortes Enge 
dringt herab der goldne Tag. 
Nur der Sternenschein 
lugt zum Schacht hinein: 
Glückauf!
	        
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