25 —
Gott schenke allen guten Menschen den Frieden der Brust! Noch immer
ird dann auch der Unglücklichste Ursachen und verborgene, stille Quellen
der Freude haben.
Noch Eins zu Ihrem Troste: daß nie etwas von unserer Seite
geschehen wird, was nicht mit der strengsten Ehre verträglich ist, und was
nicht mit dem Ganzen geht. Denken Sie nicht an einzelne Erbärmlich⸗
keinen. Der König steht mitten im Unglücke ehrwürdig und charaktergroß
da. Das wird auch Sie trösten, das weiß ich, sowie alle, die mir an—
gehören. Ich bin auf ewig Ihre treue, gehotsame, Sie innig liebende
Tochter, und gottlob! daß ich es sagen kann, da Ihre Gnade mich dazu
berechtigt, Ihre Freundin Luise.
273. Die Bestrebungen Friedrich Wilhelms III. für
Vreußens Wiedererhebung.
Tiefer als durch den Frieden zu Tilsit — vom 9. Juli 1807 —
konnte der Slaat Preußen kaum fallen. Aber tröstlich ist es zu sehen,
wie sofort nach dieser furchtbaren Katastrophe, weder entmutigt durch
so niederschmetlernde Schläge, noch eingeschüchtert durch den im Lande
stehenden Feind, von oben und unten her gleichmäßig auf eine Wieder⸗
erhebung Preußens hingearbeitet ward. Die königliche Familie selbst
gab das hochherzige, wahrhaft rührende Beispiel einerseits der Stand⸗
haftigkeit im Unglück, anderseits der Hingebung für das Wohl des
Landes. Durch jede Art von Opfern suchte sie vor allem zu erreichen,
daß die Kriegeschuld möglichst bald abgezahlt und das Land von der
feindlichen Besetzung befreit werde.
Der König, nunmehr überzeugt von der Dringlichkeit einer gründ⸗
lichen Umgestaltung des gesamten Staatswesens, uͤberwand die Miß—
slümnmung, die es ihm verursachen mußte, einen Mann, dessen Rat
und Beistand er mehrmals schroff abgewiesen hatte, jetzt zu Hilfe zu
rufen. Dieser Mann war Freiherr Heinrich Friedrich Karl
bon Sleine Derselbe stammte aus einem fränkischen Adels—
geschlechte, das seit unvordenklichen Zeiten zu Nassau a. d. Lahn auf
seiner Burg zum Stein geblühet hatte. Daselbst war er 1757
geboren und lrat in preußische Dienste. Früh schon hatte sich seine
Tüchtigkeit gezeigt, zuerst als Bergrat in der Grafschaft Mark in Westfalen,
dann in Munssler, um das bischöfliche Gebiet in das preußische Staats⸗
ganze einzufügen, endlich als Finanzminister. Voll edeln Stolzes, echten
Freiheitssinnes und unerschütterlicher Wahrhaftigkeit, war ihm, der als
EChrift in Gottesfurcht sich beugte, jede Menschenfurcht fern. Der König
Friedrich Wilhelm Iil. hatte den stolzen, unbeugsamen Mann, der vor
dem Sturze Preußens seine Warnerstimme hatte ertönen lassen, nach dem
Slurze in Ungnade entlassen. Aber die eiserne Not zwang den König,
den großen Mann, dessen edeln Charakter er bald erkannte, wieder an⸗
zunehmen. Und Stein wurde durch seine Thätigkeit in der trübsten
Zeit Preußens Retter.
As der König ihn auffordern ließ, als Minister wieder einzutreten,
antworlete Stein: Ebw. Majestät Befehle wegen des Wiedereintritts in
5591