3. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!
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11. „Ei!“ spricht, es, „hier ist es schön; aber alles kann man
doch nicht sehn. So ein Berg ist doch nur ein Zwerg. Auf
der Alp da droben,
12. das wär’ eher zu loben; da möcht’ ich wohl sein! Da guckt’
ich bis in den Himmel hinein, hörte die Englein musizieren,
sah’ unsern Herrgott die Welt regieren.“
13. Und aus dem Berge, wo es stand, zieht es wieder mit eigner
Hand ein Beinchen nach dem andern, begiebt sich noch
einmal aufs Wandern. Die Reise macht diesmal viel Be¬
schwer.
14. Kein Weg, kein Steg war ringsumher. Dem Veilchen
llimmert’s vor dem Blick; es schwindelt, es kann nicht wieder
zurück. Da setzt es die letzte Kraft noch dran; zum Tode
ermattet kommt’s oben an.
15. Ach, da war der Boden von Stein, kann mit den Füßchen
nicht hinein. Der Wind, der bläst so hart; das Veilchen vor
Frost erstarrt. Es zappelt mit allen Würzlein,
16. bedeckt sie mit dem grünen Schürzlein, friert sehr an Händen
und Beinen. Da fängt’s bitterlich an zu weinen. Die blauen
Bäckchen werden weiß, die Thränen gefrieren darauf zu Eis.
17. „Ach, wär’ ich geblieben im Thale dort!“ Das war
Blau-Veilchens letztes Wort. Drauf sank es um und blieb
stumm.
Hast du im Thal ein sichres Haus,
dann wolle nie zu hoch hinaus!
Friedr. Förster.
Es ist ein großer Gewinn, wer gottselig ist und läßt sich ge¬
nügen. (1. Timoth. 6, 6.)