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durchbohren? dem Gestorbenen das Aug'
ein Rab' aushacken? aus der Asche sich
Molch oder Natter winden? Spotte nicht
des Bildes, das die Sage sich erschuf:
Nur Einfalt, Unschuld gibt im Tode Mut.
Gottfried august Bürger,
geboren 174 in Molmerswende, einem Städtchen des Unterharzes —
wurde vom 13. Jahre an beim Grobvater in Assschersleben erzogen —
kam auf das Pãdagogium zu Halle — studierte auf der Universitat
daselbst Theologie, spater in Göttingen die Rechte — wurde hier Mit-
glied des Hainbundes — erhielt die Stelle eines Amtmannes — ging
als Professor nach Göttingen und starb hier 1794 in zerrütteten Ver-
haältnissen. Hervorragend als Dichter von Balladen, z. B.: „Lenores,
„Der wilde Jäger“, „Das Lied vom braven Mann“, „Kaiser und Abt“ usw.
Johann Heinrich VobG,
geb. 1751 in einem mecklenburgischen Dorfe — wurde Hauslehrer —
gtudierte in Göttingen und war Mitglied des „Hainbundes“ — wurde
Rektor in Eutin - legte sein Amt nieder und zog nach Jjena — siedelte
nach Heidelberg über und starb hier 1826. — Er ist hervorragend als
Idvllendichter und UVbersetzer der „Iliade“ und „Odyssee“.
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Der siebzigste Geburtslag.
Auf die Postille gebückt, zur Seite des wärmenden Ofens,
saß der redliche Tamm in dem Lehnstuhl, welcher mit Schnitzwerk
und braunnarbigem Jucht, voll schwellender Haare, geziert war —
Tamm, seit vierzig Jahren in Stolp, dem lee Freidorf,
Organist, Schulmeister zugleich und ehrsamer Küster,
der fast allen im Dorf, bis auf wenige Greise der Vorzeit,
einst Taufwasser gereicht und Sitte gelehrt und Erkenntnis,
dann zur Trauung gespielt und hinweg schon manchen gesungen.
Oft nun faltend die Händ' und oft mit lauterem Murmeln
las er die tröstenden Sprüch' und Ermahnungen. Aber allmählich
starrte sein Blick, und er sank in erquickenden Mittagsschlummer.
Festlich prangte der Greis in gestreifter kalmankener Jacke,
und bei entguttener Brill' und silberfarbenem Haupthaar
lag auf dem Buche die Mütze von violettenem Sammet,
mit Fuchspelze verbrämt und geschmückt mit goldener Troddel.
Denn er feierte heute den siebzigsten frohen Geburtstag,
froh des erlebeten Heils. Sein einziger Sohn Zacharias,
welcher als Kind auf dem Schemel geprediget und von dem Pfarrer
ausersehn für die Kirche, mit Not vollendet die Laufbahn
durch die lateinische Schul' und die teure Akademie durch, —
der war jetzt einhellig erwählter Pfarrer in Werlitz
und seit kurzem vermählt mit der wirtlichen Tochter des Vorfahrs.