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zu heilen, die der Siebenjährige Krieg dem Lande geschlagen hatte, half
dem darniederliegenden Handel wieder auf, verbesserte die Rechtspflege uͤnd
das Volksschulwesen; er gründete eine Normalschule, in welcher tüchtige
Lehrer gebildet wurden. So griff er überall ein, wo er Lücken und Feh—
ler entdeckte, denn es war sein vorzüglichstes Bestreben, andere zu beglücken,
dafür lebte und glühte seine Seele. Im Umgange war er stets gerade
und offen und selbst der kleinsten Verstellung ünfähig. Freundschaft war
ihm Bedürfnis, Gutmütigkeit seine Natur, Wohlthätigkeit seine Freude.
Seine nicht unbedeutenden Einkünfte flossen größtenteils hilfsbedürftigen
und guten Zwecken zu. Zur hohen sittlichen Würde gesellte sich bei ihm
eine liefe Religiosität; er war katholischer Christ im eigentlichen Sinn,
in der Überzeugung wie im Handeln, aber weit entfernt von aller Un—
duldsamkeit.
Die Häuser in der Nähe des Domes waren von alters her zu Woh—
nungen für die Domgeistlichen und Diener am Gotteshause bestimmt; aber
auch Johann von Leyden hat in denselben sein schändliches Wesen
getrieben, nachdem er sich unter den Wiedertäufern zum Könige aufgewor⸗
fen hatte. In neuerer Zeit sind am Domplatze auch andere großartige
Bauten aufgeführt worden, wie das Ständehaus, die Akademie und
das prächtige Postgebäude.
Vom Domplatze gelangen wir zur Liebfrauenkirche, deren m
tiger, aus Sandsteinquadern erbauter Turm durch einen Orkan seine hohe
Spitze verloren hat. — An dem Turme der schönen Lambertikirche
hingen bis gegen Ende des Jahres 1881 die drei eisernen Käfige, in
welchen die Gebeine der Rädelsführer unter den Wiedertäufern Jo—
hann von Leyden, Knipperdölling und Krechting zu Staub ge—
worden sind. Bei dem Abbruch des Turmes haben sie hohen Platz
verlassen müssen, sollen denselben aber an dem neuaufzubauenden Turme
wieder erhalten.
Wir besuchen jetzt das Rathaus, das wohl zu den schönsten in
Deutschland gehört. Zu beiden Seiten des Marktes slehen hohe, staltliche
Giebelhäuser mit langen Bogengängen, an deren innern Wand Kaufleute
ihre Waren ausgebreuet haben. Das im reingotischen Stile erbaute Rat—
haus gewährt mit seinen prächtigen Bogenfenstern, den schmucken Stufen
des Giebels und den kühn e Spitzen und Zinken einen sehr
angenehmen und befriedigenden Anblick. Im n Teile desselben, zu
ebener Erde befindet sich der berühmte Friedenssaal. In demselben
wurde am 24. Oktober 1648 der Westfälische Friede geschlossen, über den
man fünf Jahre lang in Münster und Osnäbrück unterhandelt hatte.
In den Eden dieses altertümlichen Saales, der mit Getäfel und Schnitz-
werk reich verziert ist, stehen Schwerter, Lanzen und Panzer, und daselbst
sieht man die Marterwerkzeuge, mit welchen Johann von Leyden und
eine Genossen getötet wurden. Von den Wänden aber schauen in langen
Reihen große, altertümliche Brustbilder herab. Es sind die Bildnisse der
Gesaͤndten, welche in diesen Raͤumen so lange über den für alle Laͤnder
so noötigen Frieden verhandelten. Noch jetzt liegen dort auf den Sitzen
an den Wänden des Saales die alten Polster und Decken wie vormals,
als hätte eben erst die Gesellschaft den Saal verlassen.
Das im westlichen Teile der Stadt frei daliegende Schloß ist erst
im vorigen Jahrhundert erbaut und war zur Residenz der Bischöfe be—
stimmt. Als aber im Jahre 1803 die weltliche Herrschaft ver geist-
lichen Fürsten aufhöͤrte, fiel die Stadt Muͤnster mul einem großen