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Grab. Noch hatte die Prozession ihren Umgang nicht eröffnet; aber das 
Hinströmen zu den Kirchen war so groß, daß gegen 3- oder 1000 Per— 
sonen unter dem Einsturz ihrer Gewölbe erdrückt wurden, und die Zer— 
malmung des Schuttes war so beträchtlich, daß von den Pfeilern und 
Säulen fast keine Spur mehr kenntlich geblieben ist. Die Kaserne ist beinahe 
völlig verschwunden. Ein Regiment Änientruppen stand darin unter den 
Waffen und sollte sich eben zur Prozession begeben. Einzelne wenige 
aus genommen, ward es gänzlich unter den Trümmern des großen Ge— 
bäudes verschüttet. Neun Zehnteile der schönen Stadt Karakas wurden 
gänzlich zerstört. Die Häuser, welche nicht einstürzten, waren dermaßen 
zerrissen, daß sie nicht wieder bewohnt werden konnten. Wenn die Zahl 
der Toten in der Stadt selbst auf 9⸗—10 000 berechnet wird, so sind 
dabei die Unglücklichen nicht in Anschlag gebracht, welche schwer verwundet 
nach Monaten erst aus Mangel an Nahrung und Pflege starben. Die 
Nacht vom Donnerstag auf den Karfreitag bot den Aublick eines un— 
säglichen Fammers und Unglücks dar. Die dichte Staubwolke, welche 
sich über die Trümmer erhob und die Luft gleich einem Nebel verdunkelte, 
hatte sich zur Erde niedergeschlagen. Die Erschütterungen hatten auf— 
gehört und die Nacht war so hell und ruhig wie je zuvor. Der fast 
volle Mond beleuchtete die mit Trümmern und Leichen bedeckte Erde. 
Mütter trugen Kinderleichen im Arm, durch die Hoffnung getäuscht, sie 
wieder ins Leben zu rufen. Jammernde Haushaltungen zogen durch die 
Stadt, um einen Bruder, einen Gatten, einen Freuud zu suchen, dessen 
Schicksal unbekannt war, und den man im Gedränge verloren glauben 
konnte. Man drängte sich in den Straßen, die an Trümmer- und 
Schuttreihen einzig noch kennbar waren.“ — Das Erdbeben, welches am 
L November 1755 Lissabon, die Hauptstadt von Portugal, zum großen 
Teil zerstörte und wobei über 24 000 Menschen getötet wurden, dauerte 
nicht länger als 5 Minuten. Das Meer stieg bei demselben 12m über den 
gewöhnlichen Stand und ertränkte durch sein Eindringen in die Straßen 
gegen 00 Menschen. Es zog sich während des erwähnten kurzen Zeit— 
raums viermal zurück und schwoll ebenso oft wieder an. Genau zu der— 
selben Zeit fühlte man dieses Erdbeben in vielen andern Ländern, die zum 
Teil mehrere Hunderte von Kilometern davon entfernt liegen. Selbst auf 
das Meerwasser erstreckten sich die gewaltsamen Erschütterungen, denn 
während Lissabon in Trümmer siel, wurde ein Schiff 935 kin davon auf 
offener See von einem heftigen Stoß überrascht. Man hat durch genaue 
Vergleichung aller Berichte gefunden, daß dieses Erdbeben sich über einen 
Raum von 38 000 000qkm, also über den dreizehnten Teil der ganzen 
Erdoberfläche, verbreitete, und zwar teils in der Form von Erdstößen, 
teils durch Unregelmäßigkeiten oder Ausbleiben der Quellen, Ver— 
änderungen im Wasserstande der Seeen oder des Meeres. So wurden 
die Erderschütterungen in Florida in Nordamerika und auf unserm Fest⸗ 
lande bis nach Schweden und Norwegen verspürt. Die heißen Quellen 
in Teplitz und Karlsbad blieben während 24 Stunden volllommen aus