Full text: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

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verschmähen nichts, was der Pflug ihnen vorsetzt; emsig spähen, sie 
unter jede Erdscholle und stoßen ihren Schnabel ein, wo sie einen Bissen 
vermuten. 
Zwischen den schwerfälligen Krähen und Dohlen trippeln noch zwei 
kleinere Nögel behende hinter dem Pfluge her; sie sind von schlanker 
Gestalt, stets in anmutiger Bewegung, machen fortwährend zierliche 
Verbeugungen und wippen dazu mit dem Schwanze. Wir erkennen in 
ihnen leiceter Herwandte; denn sie haben beide dieselben langen 
Beine, dn friemenförmigen Schnabel und den langen, beweglichen 
Schwan⸗. Es st die weiße und die gelbe Bachstelze, auch Ackermännchen 
genannt. Die erstere hat eine schlichte, aber kleidsame Tracht; denn 
sie kleidet sich nur schwarz und weiß, die letztere dagegen liebt die 
bunten Farben, ihr Oberleib ist olivengrün, ihre Unterseite gelb, die 
Flügel sind braun und mit zwei weißen Binden versehen. Wer kennt 
nicht diese zierlichen, liebenswürdigen Vögel und erfreut sich nicht an 
ihrem zutraulichen, anmutigen Wesen? Sie sind unter den letzten, die 
uns im Herbste verlassen, und unter den ersten, die im Frühlinge zurück— 
kehren, ja in milden Wintern halten sie sich nicht selten ganz bei uns 
auf. Auch für sie ist hier auf dem frisch gepflügten Acker der Tisch 
gedeckt; aber sie sind viel zu unruhiger Natur, um dem lange Furchen 
ziehenden Pfluge mit Geduld zu folgen. Bald jagen sie in schön 
geschwungenen Bogen einem fliegenden Insekt nach, bald sind sie wieder 
im Schilfe am Teiche oder auf der Wiese, wo sie sich dreist den Rindern 
und Schafen auf den Rücken *en, bald trippeln sie zögernden Ichrittes 
auf den blank gewaschenen Kieseln im klaren Bache umher, um unter 
den Steinen etwa ein Würmchen zu erhaschen, oder sie schießen hurtig 
auf eine im Winde liegende Feder zu, um sie als einen willkommenen 
Beitrn ihrem Aeste zu tragen, mit dessen Bau sie jetzt beschäftigt 
sir meenem Haufen Steine, e der sorgsame Landmann von 
ir Naufgelesen hat, ist das Nest der weißen Bachstelze; zwar 
ein warm tes, doch mit wenig Kunst gebaut, es besteht aus 
dürr amen und mit Wolle, Federn und Haaren weich gepolstert. 
das iben darein“ bis 6 weißliche, graugefleckte Eier. Das 
Nett aben achstelze ist unter jener Schwarzdornhecke, die sich jetzt 
im April gewöhnlich schon mit Blütenschnee bedeckt, tief unter Gras und 
trockenem Laube versteckt. Können wir uns durch die Dornen einen Weg 
bahnen, 5 finden wir ebensoviel grünliche, rotgesprenkelte Eier darin. 
Welch ein liebliches Bild ländlichen Friedens, diese zutraulichen Vögel 
hinter dem fröhlich singenden Landmann und den munter schnaubenden 
Pferden! Einer dient dem andern in einträchtigem Zusammenleben. Der 
Ackermann durchfurcht in seinem Nutzen die Scholle, um reichere 
Deutsches Lesebuch. B. II. 7. Aufl 2 
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