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verschmähen nichts, was der Pflug ihnen vorsetzt; emsig spähen, sie
unter jede Erdscholle und stoßen ihren Schnabel ein, wo sie einen Bissen
vermuten.
Zwischen den schwerfälligen Krähen und Dohlen trippeln noch zwei
kleinere Nögel behende hinter dem Pfluge her; sie sind von schlanker
Gestalt, stets in anmutiger Bewegung, machen fortwährend zierliche
Verbeugungen und wippen dazu mit dem Schwanze. Wir erkennen in
ihnen leiceter Herwandte; denn sie haben beide dieselben langen
Beine, dn friemenförmigen Schnabel und den langen, beweglichen
Schwan⸗. Es st die weiße und die gelbe Bachstelze, auch Ackermännchen
genannt. Die erstere hat eine schlichte, aber kleidsame Tracht; denn
sie kleidet sich nur schwarz und weiß, die letztere dagegen liebt die
bunten Farben, ihr Oberleib ist olivengrün, ihre Unterseite gelb, die
Flügel sind braun und mit zwei weißen Binden versehen. Wer kennt
nicht diese zierlichen, liebenswürdigen Vögel und erfreut sich nicht an
ihrem zutraulichen, anmutigen Wesen? Sie sind unter den letzten, die
uns im Herbste verlassen, und unter den ersten, die im Frühlinge zurück—
kehren, ja in milden Wintern halten sie sich nicht selten ganz bei uns
auf. Auch für sie ist hier auf dem frisch gepflügten Acker der Tisch
gedeckt; aber sie sind viel zu unruhiger Natur, um dem lange Furchen
ziehenden Pfluge mit Geduld zu folgen. Bald jagen sie in schön
geschwungenen Bogen einem fliegenden Insekt nach, bald sind sie wieder
im Schilfe am Teiche oder auf der Wiese, wo sie sich dreist den Rindern
und Schafen auf den Rücken *en, bald trippeln sie zögernden Ichrittes
auf den blank gewaschenen Kieseln im klaren Bache umher, um unter
den Steinen etwa ein Würmchen zu erhaschen, oder sie schießen hurtig
auf eine im Winde liegende Feder zu, um sie als einen willkommenen
Beitrn ihrem Aeste zu tragen, mit dessen Bau sie jetzt beschäftigt
sir meenem Haufen Steine, e der sorgsame Landmann von
ir Naufgelesen hat, ist das Nest der weißen Bachstelze; zwar
ein warm tes, doch mit wenig Kunst gebaut, es besteht aus
dürr amen und mit Wolle, Federn und Haaren weich gepolstert.
das iben darein“ bis 6 weißliche, graugefleckte Eier. Das
Nett aben achstelze ist unter jener Schwarzdornhecke, die sich jetzt
im April gewöhnlich schon mit Blütenschnee bedeckt, tief unter Gras und
trockenem Laube versteckt. Können wir uns durch die Dornen einen Weg
bahnen, 5 finden wir ebensoviel grünliche, rotgesprenkelte Eier darin.
Welch ein liebliches Bild ländlichen Friedens, diese zutraulichen Vögel
hinter dem fröhlich singenden Landmann und den munter schnaubenden
Pferden! Einer dient dem andern in einträchtigem Zusammenleben. Der
Ackermann durchfurcht in seinem Nutzen die Scholle, um reichere
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