Full text: Augsburger Lesebuch für die sechste Volksschulklasse

54. Das Mittelländische Meer. 
unterscheidet sich von eben diesen jetzt gebräuchlichen Gegen— 
ständen nur darin, daß es zierlicher und geschmackvoller ge— 
arbeitet ist. 
Aus einem Briefe Moltkes an seinen Vater. 
54. Das Mittelländische Meer. 
Das Mittelländische Meer ist das größte und schönste der 
Europa einschließenden und in das Festland eindringenden 
Meere. Ein ungeheures Becken, fünfmal so groß wie Deutsch— 
land, trennt es Europa von Afrika. Erwägt man die Größe 
der Ausdünstung einer so gewaltigen Wasserfläche unter einem 
beinahe tropischen Himmel und hält man dagegen die im Ver— 
hältnis geringfügigen Wassermassen, welche dem Meere durch 
den Nil, den Po, die Etsch, die Rhone, den Ebro und die an— 
deren kleineren Flüsse zugeführt werden, so müßte man ent— 
weder auf eine Verringerung des Wassergehaltes schließen oder, 
da dieser nicht nachgewiesen werden kann, auf einen ander— 
weitigen Ersatz. Letzteres ist der richtige Schluß; denn begeben 
wir uns an die Meerenge von Gibraltar und auch an den Bos— 
porus, so können wir uns davon überzeugen, daß sowohl der 
Atlantische Ozean als auch das Schwarze Meer ununterbrochen 
Wasser in das Becken des Mittelmeeres entsenden. Am auf— 
fallendsten ist dies am Bosporus zu sehen, wo ein Strom von 
fast 4km Breite mit solcher Gewalt in das Mittelmeer eindringt, 
daß die Schiffe nur mit sehr starkem Winde oder mit Dampf— 
kraft ihm entgegenarbeiten können. Weniger leicht wahrzu— 
nehmen ist die Zuströmung aus dem Atlantischen Ozean, da 
diese unter der Oberfläche des Wassers stattfindet, während 
an der Oberfläche ein Strom aus dem Mittelmeere in das 
Atlantische zu bemerken ist, weshalb man auch früher glaubte, 
daß das Mittelmeer nach diesem Ozean abfließe. Dieser an 
der Oberfläche stattfindende Abfluß des um mehrere Grade 
wärmeren Wassers des Mittelmeeres verschwindet aber fast 
gegen den gewaltigen, 30 km breiten und Hunderte von Metern 
tiefen kälteren Strom aus dem Ozeane in das Mittelmeer. 
Am Mittelmeere unterscheiden wir ein östliches und ein west— 
liches Becken, als dessen Grenzscheide ein unterseeischer Berg— 
rücken zwischen Sizilien und der gegenüberliegenden afrikanischen 
Küste anzusehen ist. Die Tiefe des Meeres über diesem Gurte 
beträgt nur 10 bis 130 m und diese breite Bank zeigt deutlich 
den früheren Zusammenhang Afrikas mit Europa. Rechts und 
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