215. Der deutsch-französische Krieg. VI. 433
gegen Ende desselben erneuerten sich die Ausfälle, und diesmal dem Süden
zu; denn von daher erwarteten die Belagerten ein Heer zu ihrer Hilfe. Sie
brachen mit großer Macht hervor und wollten sich durch die deutschen
Linien durchschlagen. Ihr Hauptstoß ging gerade auf die Punkte, wo die
Württemberger standen, neben ihnen rechts die Sachsen, links die Preußen.
Hier kam es zu heißen Kämpfen um die Höhe von Mesly und um die Dörfer
Villiers (Wiljeh), Brie und Champigny (Schampinji). Aus den zwei letz⸗
teren Orten wurden am frühen Morgen des 30. Novembers die sächsischen
Vorposten zurückgedrängt, dann ging eine gewaltige Truppenmacht zum An⸗
griff gegen die württembergische Brigade Reitzenstein vor, welche auf der
Höhe im Park von Villiers und Coeully Gölji) stand. Aber diese Stellung
mußte „um jeden Preis“ gehalten werden. Und die Württemberger hielten
stand; einigemal gingen sie sogar zum Angriff gegen den vielfach stärkeren
und von dem heftigen Feuer aus seinen Festungen und Batterien unter⸗
stützten Feind vor. Durch durften die Franzosen nicht, aber gänzlich sie
zurückzutreiben vermochte man an diesem Tage auch nicht; daher ein neuer
Kampf am 2. Dezember. Württemberger und Sachsen stürmten vor Tages⸗
anbruch die von den Franzosen besetzten Dörfer und vertrieben den Feind.
Bald jedoch kehrt dieser mit überlegener Macht zurück, es entsteht ein Gefecht
in Straßen und Häusern, die Unsern müssen weichen, immer mehr schwillt
die Zahl der Feinde an. Aber auch auf deutscher Seite rückt die Hilfe heran.
Die Pommern von Gravelotte unter ihrem Führer Fransecky greifen in das
Gefecht ein, und gegen Abend muß der Feind zurück. Des andern Tages zog
er gänzlich ab und wieder hinter seine festen Werke. Der Plan, an diesem
Punkte durchzubrechen, war mißlungen, und das belagerte Paris war um ein⸗
Rettungshoffnung ärmer. Viel Blut aber und viele Thränen haben uns
diese zwei Tage gekostet; manches teure Leben ist da in den Tod gesunken.
Doch auf den herzlichen Glückwunsch des Königs Wilhelm zu der glänzenden
Tapferkeit der württembergischen Truppen hat König Karl seine und seines
Volkes Gefühle ausgesprochen in der Antwort: „Der Verlust so vieler tapferer
Krieger wird allgemein tief und am tiefsten von mir empfunden; aber ich
habe den Trost, daß es die große Sache Deutschlands ist, für die sie sich
opferten.“ Und ein denkwürdiges Zusammentreffen ist es nur etliche Tage
zuvor (25. Nov.) hatte dieser Regent selbst auch sein Opfer auf den Altar
des großen Vaterlandes niedergelegt, als er unter Verzicht auf einen Teil
der königlichen Rechte und der württembergischen Selbständigkeit zur Be⸗
gründung des neuen deutschen Reiches sich dem norddeutschen Bunb⸗ anschloß.
VII. Die letzten Schläge.
1. Die letzten großen Ausfälle der Franzosen geschahen in der Nacht vom
13. zum 14. Januar 187 N und am 19. Januar von der großen Feste auf
bem Berg Valerien (Walern) aus. Auch diese scheiterten an der Festigkeit
Lesebuch. II. Seorg· Eckert notitues
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